taz.de -- Der sonntaz-Streit: Schafft unser Steuerrecht Betrüger?

Möchten Sie nicht ein paar Tricks lernen, mit denen Sie das Finanzamt legal ausnehmen können? Sie glauben, der Staat habe alles im Griff? Wenn Sie wüssten!
Bild: Auf Platz Eins des „Schattenfinanzindex“: die Schweiz.

Mit ein paar Kniffen kann jeder die zahlreichen Steuersparmöglichkeiten zum eigenen Vorteil nutzen, so das lockende Versprechen zahlreicher deutschsprachiger Internetseiten. Gleich mitgeliefert werden handfeste Anleitungen zum Steuerbetrug. Auf Youtube kursieren Filmchen, in denen in TV-Sonnenklar-Manier die schönsten Steuerparadiese vorgestellt werden.

Während die Politik bemüht ist, globalisierten Geld- und Warenflüssen zum Trotz ihre Steuereinnahmen auf nationaler Ebene zu sichern, bietet das deutsche Steuersystem laut Experten zahlreiche Möglichkeiten, Geld zu unterschlagen.

Mithilfe des sogenannten Schattenfinanzindex ermittelt das international agierende Tax Justice Network weltweit Steueroasen. Indikatoren sind vor allem der Geheimhaltungswert der Banken und die Menge der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen des Landes. Erwartungsgemäß landete die Schweiz auf dem 2012 auf Platz 1, Deutschland nach Luxemburg, Hongkong, Singapur und den USA aber immerhin auf Platz 9.

Durch fehlende Steuerabkommen mit anderen Ländern bietet Deutschland für ausländische Anleger günstige Konditionen, um Geld am eigenen Fiskus vorbeizuschmuggeln. Südafrikanische Anleger fänden in Deutschland beispielsweise ideale Strukturen, um ihr Geld anzulegen und sich die Steuern im eigenen Ländern zu sparen, so Markus Mainzer vom Netzwerk Steuergerechtigkeit.

"Ich gehöre nicht mehr dazu", klagt Hoeneß

Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt bei der Diskussion um Steuerhinterziehung: Steuersünder, denen der Fiskus auf die Schliche gekommen ist, lassen oftmals keinerlei Unrechtsbewusststein erkennen. Das zeigt auch der Fall Uli Hoeneß. Seine Reue scheint eher daher zu rühren, dass er um sein Image als Saubermann trauert.

„Ich gehöre nicht mehr dazu“ zitiert ihn die Zeit in ihrer aktuellen Ausgabe. Im Interview rechtfertigt Hoeneß seinen Steuerbetrug mit dem Kick, den ihm Börsenspekulationen verschafft hätten und sagt, jetzt werde endlich alles gut, er habe schließlich stets ein schlechtes Gewissen wegen seines illegalen Kontos gehabt. Dass er ins Gefängnis kommen werde, glaubt hierzulande auch niemand so richtig.

Die SPD, deren Vorschlag für ein gemeinsames Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz an der schwarz-gelben Koalition gescheitert war, macht nun die Regierung für die hierzulande grassierende Steuerhinterziehung verantwortlich. Und hat endlich ein Wahlkampfthema.

Im Jahr 2013 beurteilten 50 Prozent der Deutschen Steuerhinterziehung als vollkommen inakzeptabel. Aber nicht nur die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung betrügen: An den deutsch-schweizerischen Grenzen wurden 2012 mehr als 20 Millionen unversteuerte Euros gefunden, bar, manchmal in die Bezüge der Autositze eingenäht. Auch im kleineren Stil vollzieht sich also Geldtransfer ins Ausland.

Das deutsche Steuersystem, so Experten, gehöre erneuert. Viel zu aufwendig, verhöhnen Steuersparseiten im Internet. Und verbreiten munter Tipps, wie man die vielen Grauzonen des Systems zum eigenen Vorteil nutzen könne. Von Unrechtsbewusstsein keine Spur.

Schafft unser Steuerrecht also Betrüger?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 11./12. Mai. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 8. Mai eine Mail an: [1][streit@taz.de]

7 May 2013

LINKS

[1] /streit@taz.de

AUTOREN

Balzer

TAGS

Steuerbetrug
Steuerabkommen
Schweiß
Uli Hoeneß
Finanzamt
Steuern sparen
Steuerbetrug
Steuerhinterziehung
Schweiß
Hoeness
Steuerhinterziehung
Peer Steinbrück

ARTIKEL ZUM THEMA

Juso-Aktion gegen Steuerbetrug: Hoeneß soll SPD Stimmen bringen

Die Jusos wollen mit einer Anti-Hoeneß-Aktion Steuerbetrug zum Wahlkampfthema machen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verteidigt die umstrittene Kampagne.

Steuereinnahmen steigen weiter: Dickes Plus in der Kasse

Im ersten Halbjahr 2013 haben Bund und Länder mehr Steuern eingenommen als im Vorjahr. Verantwortlich ist das kontinuierlich hohe Beschäftigungsniveau.

Kolumne Macht: Verplauderte Beamte

Auch wenn kein Zweifel daran besteht, dass er sich strafbar gemacht hat: Uli Hoeneß genießt einen gesetzlichen Anspruch auf das Steuergeheimnis.

Der sonntaz-Streit: „Betrüger am Steuersystem“

Schafft das Steuerrecht Betrüger? Unser Steuersystem fördert Ausreden, sagt Sven Giegold von den Grünen. Das ist eine faule Ausrede, entgegnet Hans Eichel.

Gefängnisstrafe für Lauryn Hill: Der Fall eines HipHop-Stars

Mit den Fugees und als Solokünstlerin feierte Lauryn Hill große Erfolge. Jetzt bringen ihre hohen Steuerschulden sie für drei Monate hinter Gitter.

Geplantes Steuerabkommen: Die Schweiz sagt's unverbindlich

Der Schweizer Außenminister löst eine Debatte um ein neues bilaterales Abkommen gegen Steuerflucht aus. Doch realistisch ist das derzeit nicht.

Jesuit über Uli Hoeneß: „Die dunkle Seite des Saubermanns“

Wer Uli Hoeneß als Steuersünder bezeichnet, der nun gebeichtet habe, verharmlose den Betrug, meint der Jesuit und Sozialethiker Friedhelm Hengsbach.

Diskussion um Steuerhinterziehung: SPD will weniger Hoeneße

Die Linkspartei will die Straffreiheit für Steuersünder, die sich selbst anzeigen, abschaffen. SPD und Grüne sind allerdings deutlich zurückhaltender.

Hoeness als SPD-Wahlkampfthema: Steinbrücks Kavallerie wartet

Die Debatte um den mutmaßlichen Steuerbetrüger Uli Hoeneß ist ein Geschenk für die SPD. Doch der Kanzlerkandidat hält sich zurück.