taz.de -- Kolumne Männer: Im Heros-Center

Warum gilt ausgerechnet der Mann als Held, der andere Männer besiegt und am Ende die Frau mit der Kopfhörer-Frisur kriegt?
Bild: Einsamer Sturmtruppler: „Star Wars“ vermittelt ein Bild vom Mann als ärgstem Feind anderer Männer.

Bin ich froh, dass ich jung bin. Ich nenne keine Herrenhandtasche mein Eigen. Oder 68er-Nostalgie. Oder eine sichere Rente. Weil ich so jung bin, verstehe ich die Sehnsüchte der ganz Jungen.

Neulich sah ich mit zwei Kindern von Freunden eine DVD. Der Neunjährige hatte sich gewünscht, den ersten Teil der „Star Wars“-Serie zu sehen. Seiner zwölfjährigen Schwester gefiel das gar nicht. Sie tippte demonstrativ gelangweilt auf einem iPad herum. Ich konnte sie verstehen.

„’Star Wars‘ ist halt eine klassische Heldengeschichte“, sagte der Freund achselzuckend. „George Lucas hat die Mythen der Welt gescannt und chic in Szene gesetzt. Helden sind nun mal so.“ Dann überantwortete er mir seinen Nachwuchs. Nicht nur das ließ mich an seiner Urteilskraft zweifeln.

„Star Wars“ prägt seit Jahrzehnten die Art, wie Hollywood Heldengeschichten erzählt. Luke Skywalker ist ein junger Mann, der sich in einer Welt voller böser Männer durchsetzen muss und am Ende einen bösen Mann besiegt. Am Ende rettet er eine Frau, die vor allem durch eine interessante Kopfhörer-Frisur beeindruckt.

Krieger und Mäuschen

Dieses Bild zeichnet Männer als einsame Krieger, Frauen als passive Wesen. Düstere Aussichten für heranwachsende Mädchen. Aber auch für Jungs. Filme lehren sie, der Macher zu sein, der sie in einer koedukativen Welt niemals sein können.

Dass es anders geht, bewies lange vor „Star Wars“ ein anderer extrem erfolgreicher Fantasyfilm: „Der Zauberer von Oz“. Heros ist ein Mädchen (Dorothy), dem eine gute Hexe (Glinda) und drei männliche Freunde (Vogelscheuche, Zinnmann, Löwe) dabei helfen, sich Angriffen der bösen Hexe des Westens zu erwehren. Erfolg durch Kooperation. Aber gut, Filme reflektieren nun mal ihre Entstehungszeit. Heute herrscht eine ruppige Ellenbogenmentalität. Ganz anders als damals bei „Oz“, 1939.

Der neunjährige Junge geht aufs Klo. Seine Schwester läuft zum DVD-Player, nimmt „Star Wars“ heraus und legt „Twilight – Bis(s) zum Morgengrauen“ ein. Na toll. Zwar ist die Heldin in der Vampir-Schnulze eine sehr junge Frau. Blassen Männern bleibt hier aber nur der undankbare Job, die weibliche Protagonistin gegen eine Welt voller böser Männer zu verteidigen. Und sie müssen der Heldin ständig beweisen, keiner dieser Bösewichte zu sein.

Der Neunjährige kommt zurück. Seine Argumentation im Interessenkonflikt: „Haste nicht mehr alle, oder was?!“ Der Konter seiner um einen Kopf größeren Schwester: „Ich kann dich auch verprügeln.“ Dieses Angebot scheint er ablehnen zu wollen. Hat die Zwölfjährige also doch etwas aus Hollywood-Filmen gelernt: Frauen sind emanzipiert, wenn sie sich benehmen wie die Machohelden, die Männer nicht mehr sein dürfen.

„Ein Vorschlag zur Güte“, rufe ich. „Wir laden einen Film ’runter, der euch beiden gefallen wird.“ Ich tippe aufs iPad „Zauberer“ und „Oz“, finde einen Videoschnipsel. Die Geschwister blicken aufs Display, dann aufeinander, und der Junge fragt mich mit aufgerissenen Augen, stellvertretend für seine Schwester: „Ey, wie alt bist du?“ Alt, denke ich, sehr alt.

5 Jun 2013

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Matthias Lohre

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