taz.de -- Wahlen im Iran: Gemäßigter Kandidat liegt vorn

Die ersten Ergebnisse der Präsidentenwahl liegen vor. Überraschend führt der reformorientierte Hassan Ruhani. Für den Klerus im Iran wäre sein Sieg ein herber Schlag.
Bild: Kann sogar die absolute Mehrheit erlangen: Hassan Ruhani.

TEHERAN ap/afp | Bei der Präsidentenwahl im Iran ist überraschend der gemäßigte Geistliche Hassan Ruhani klar in Führung gegangen, er könnte ersten Teilergebnissen zufolge die Abstimmung bereits in der ersten Runde für sich entschieden haben. Nach Auszählung von 36,6 Prozent der Stimmen kam der gemeinsame Kandidat von Moderaten und Reformern am Samstag nach Angaben des Innenministeriums auf 50 Prozent der Stimmen. Auf dem zweiten Platz landete deutlich abgeschlagen Teherans konservativer Bürgermeister Mohammed Bagher Ghalibaf.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden bis zum Mittag 12,1 Millionen Stimmzettel ausgezählt. Angaben zur Wahlbeteiligung gab es zunächst nicht, es zeichnete sich jedoch eine hohe Beteiligung ab. Insgesamt waren mehr als 50,5 Millionen Iraner zur Wahl eines Nachfolgers von Präsident Mahmud Ahmadinedschad aufgerufen, der nach zwei vierjährigen Amtszeiten nicht erneut antreten durfte. Nach dem Rückzug von zwei Kandidaten traten noch sechs Bewerber an.

Kommt Ruhani auf eine absolute Mehrheit, ist die Wahl im ersten Durchgang entschieden. Andernfalls folgt am kommenden Freitag eine Stichwahl mit dem Kandidaten, der die zweitmeisten Stimmen erreicht.

Ruhani gilt als gemäßigt. Er hat in der Vergangenheit die Haltung des scheidenden Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zu verschiedenen internationalen Angelegenheiten kritisiert. Der frühere Atomunterhändler vertritt die Ansicht, dass der Iran sein Atomprogramm fortsetzen und doch gleichzeitig die Spannungen zum Westen abbauen könne.

Liberal orientierte Iraner setzen große Hoffnung auf Ruhani. Allerdings hat der Präsident im Iran nur begrenzte Macht. Diese liegt hauptsächlich beim konservativen islamischen Klerus und den Revolutionären Garden. Beide Institutionen bestimmen den Kurs auch beim Atomprogramm und den Beziehungen zum Westen, der seit Jahren versucht, Teherans vermutete Ambitionen auf Atomwaffen auf dem Verhandlungsweg zu stoppen.

Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, würde einen Sieg des als gemäßigt geltenden Kandidaten Hassan Ruhani bei der Präsidentenwahl nach Einschätzung eines israelischen Experten allerdings verhindern. Für Chamenei wäre ein Erfolg Ruhanis „undenkbar“ und ein „tödlicher Schlag“, zitierte die Zeitung Times of Israel den Nahost-Experten Ehud Jaari am Samstag. Der oberste Führer werde die Wahlergebnisse deshalb notfalls fälschen lassen, fügte Jaari den Angaben zufolge im israelischen Fernsehen hinzu.

Hohe Wahlbeteiligung

Wegen des großen Andrangs bei der Wahl hatten die Behörden die Öffnungszeiten der Wahllokale um fünf Stunden verlängert. Offenbar gaben regimekritische Iraner ihre Pläne auf, die Wahl zu boykottieren. Die Zeitung Kajhan schätze, dass 75 Prozent der Bürger ihre Stimme abgegeben hätten. Beobachter merkten allerdings auch an, die verlängerten Öffnungszeiten seien möglicherweise ein politischer Schachzug gewesen, um eine hohe Beteiligung zu demonstrieren.

Sechs Kandidaten traten an, um Nachfolger von Ahmadinedschad zu werden, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte. Die meisten der Bewerber stehen dem religiösen Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, nahe.

15 Jun 2013

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