taz.de -- Kommentar Homo-Ehe USA: Klug – und typisch amerikanisch

Der Oberste Gerichtshof der USA hat homosexuellen Paaren gleiche Rechte zuerkannt. Das ist epochal. Ideologisierte Heteros sind immer mehr in der Defensive.
Bild: Christina und Jo Lansdown freuen sich in San Francisco mit ihrer Tochter Rosie über das Urteil

Dass das Oberste Gericht der USA mit seinen Urteilssprüchen am Mittwoch faktisch verbot, homosexuellen Ehen nicht die gleichen Privilegien (und Verantwortungen) zu geben und aufzubürden, ist epochal. Nicht nur, dass selbst bei den höchsten Verfassungsjuristen – wenn auch mit fünf gegen vier Stimmen – die noch vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton signierte Bestimmung gegen die Ehe von Schwulen und Lesben kassierte.

Hätte vor zehn Jahren irgendjemand auch nur phantasiert, dass es in den USA ein gesellschaftliches Klima geben könnte, das nicht von (homophoben) Evangelikalenmilieus beherrscht wird, sondern von einer Atmosphäre, die es inzwischen für Schwulenhasser schwierig macht, selbst in konservativen Zirkeln satisfaktionsfähig zu bleiben?

Paradox mutet nur an, dass die Urteile nur dort gelten, wo Homosexuelle in die Ehegesetze integriert sind bzw. wo so etwas wie eingetragene Lebenspartnerschaften zu schließen staatlich möglich ist. Nicht berührt sind die Gesetze in den meisten US-Bundesstaaten, in denen eine Eheschließung von Homosexuellen ausdrücklich untersagt ist. Aber: Diese Verbote werden nicht lange mehr haltbar sein.

Der Supreme Court hat rechtslogisch den Weg gewiesen, wie der Ausschluss von gleichgeschlechtlichen Paaren von der Möglichkeit der Ehe unterminiert werden kann: Was in einem Bundesstaat nicht verboten ist, ja, sogar die Gunst von Erbschafts- und Krankenkassenrechten in Anspruch nehmen kann, kann von anderen Bundesstaaten nicht konterkariert werden, ohne den aktuellen Urteilen zu widersprechen.

Mehr Party als auf dem CSD

Passend dazu hat es die Klage auf ein Verbot der Ehe Homosexueller in Kalifornien gar nicht erst angenommen – queere Eheschließungen sind wieder möglich. Die Bürgerrechtsbewegung der Queeren wird dies feiern, zurecht, als wäre die Partylaune auf irgendeinem CSD nur ein schaler Witz.

Natürlich könnte man jetzt sagen, dass auch in den USA dem schwulen und lesbischen Weg der bürgerrechtlichen Gleichheit vor dem Gesetz mal wieder nicht alles eingeräumt wurde. Davon abgesehen, dass noch für jede kleingehaltene Gruppe der Kampf um Anerkennung und gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben zäh war. Afroamerikaner, aber auch Frauen wissen viele Strophen von jenem Lied zu singen: Man muss sich erstreiten, was einem vorenthalten wird. Gleiche Bildungschancen, Verbot der Sklaverei, das Wahlrecht und so weiter.

Aber Siege im Kleinen schmecken oft besser als solche, die per Dekret einfach erlassen werden. Für die mehr und mehr Unterlegenen, die ideologisiert Heterosexuellen, sind das keine guten Nachrichten. Mögen sie durch ihre Götter getröstet werden - wer sollte es denn sonst tun?

27 Jun 2013

AUTOREN

Jan Feddersen

TAGS

Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homosexuelle
Supreme Court
Homo-Ehe
Bill Clinton
USA
Evangelische Kirche
USA
Homosexualität
Homo-Ehe
Homo-Ehe
USA
USA

ARTIKEL ZUM THEMA

Krach zwischen Dick Cheneys Töchtern: Schwägerin in 15 Staaten

Dick Cheneys Tochter Liz will Karriere bei den Republikanern machen. Sie wettert gegen die Homo-Ehe. Und damit gegen ihre Schwester.

Kirchliche Homo-Ehe: Kein Wille, kein Weg?

Mit der ersten evangelischen Homo-Hochzeit macht die Kirche in Hessen Schlagzeilen. Viele andere Landeskirchen wollen noch nicht nachziehen.

Homo-Ehe in den USA: Gleichstellung beim Visum

Ein Ausländer, der mit einem gleichgeschlechtlichen US-Amerikaner verheiratet ist, soll in Zukunft leichter ein Visum bekommen. Dies kündigte der Außenminister an.

Homotaz Freundschaft: „Freundschaft ist die wahre Liebe“

Hella von Sinnen und Jürgen Domian kennen sich seit 30 Jahren. Ein Gespräch über ihre Wurzeln, Homos im Showbusiness und Buddha unterm Baum.

Homo-Ehe in Kalifornien: Ja-Sager und Querulanten

Schlangen an den Standesämtern: In Kalifornien heiraten viele Paare nach der Wiedereinführung der Homo-Ehe. Ihre Gegner ziehen schon wieder vor den Supreme Court.

Legalisierung der Homo-Ehe in den USA: Kalifornien wird wieder bunter

Die gleichgeschlechtliche Ehe in Kalifornien ist wieder legal. Ein Berufungsgericht reagierte auf die Entscheidung des Supreme Courts. Unmittelbar danach heirateten die ersten Paare.

Human Rights Watch über Homo-Ehe: „Die Urteile werden die USA verändern“

Die Entscheidungen des Supreme Court bringen LGBT-Rechte weltweit auf die Agenda. Auch in Ländern, in denen sie bis heute diskriminiert werden.

Oberstes Gericht in den USA: Homo-Ehe geht in Ordnung

Der Supreme Court erklärt das Gesetz zur Verteidigung der Ehe, das sie als Bund zwischen Mann und Frau definiert, für verfassungswidrig. Es verstoße gegen das Gleichheitsgebot.