taz.de -- Greenpeace-Untersuchung: Pestizide in chinesischen Heilkräutern
In Importländern für chinesische Medizin wurden Giftstoffe in Heilkräutern festgestellt. Laut Greenpeace in teils bedenklichen Konzentrationen.
BERLIN taz | Traditionelle chinesische Medizin soll in Deutschland und sechs weiteren westlichen Staaten stark mit Pestiziden belastet sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine [1][Untersuchung im Auftrag von Greenpeace]. Dafür wurden von November 2012 bis April 2013 in den sieben wichtigsten Importländern für chinesische Medizin – Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, Großbritannien und die USA – Heilkräuter eingekauft: Chrysanthemen, Gojibeeren, Geißblatt, getrocknete Lilienwurzeln, Sanqiblüten, chinesische Datteln und Rosenknospen.
Das Resultat der Untersuchung dürfte Konsumenten abschrecken: Die Mehrheit der 36 eingekauften Proben enthielt Giftstoffe. In 32 wurden drei oder oder sogar mehr unterschiedliche Pestizidwirkstoffe gefunden. 17 wiesen Pestizidrückstände auf, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als extrem oder höchst gefährlich eingestuft werden. 26 von 29 Proben sollen Rückstände oberhalb der in der EU zulässigen Höchstmengen haben.
„Es ist seit 2005 bekannt, dass in China mit Pestiziden gearbeitet wird“, sagt Christian Wilms. Der Präsident des Fachverbands Deutscher Heilpraktiker rät Verbrauchern, die ganz sicher gehen wollen, auf Heilkräuter aus Apotheken zurückzugreifen. Diese müssten „strenge Auflagen“ erfüllen, um nach dem deutschen Arzneimittelgesetz als Medikamente zugelassen zu werden. „Die als Heilmittel verwendeten Kräuter werden vorher unter anderem auf Pestizidrückstände überprüft“, sagt Wilms.
Wer über längere Zeit Pestizide mit der Nahrung zu sich nimmt, geht laut Greenpeace ein Risiko ein: Es entstünden so oftmals chronische Vergiftungen, die zu Lernschwierigkeiten, Hormonstörungen und Fortpflanzungsanomalien führen könnten.
Das sieht auch Christian Schmincke so: „Die Menschen leiden allerdings auch unter vielen anderen Vielfach-Langzeitvergiftungen.“ Der Chefarzt der Klinik am Steigerwald in Bayern, die sich auf chinesische Medizin und biologische Heilverfahren spezialisiert hat, empfiehlt den Verbrauchern, möglichst keine ungeprüften Waren aus dem Internet oder aus Asialäden zu beziehen. Nur so könne man letztlich den großen Graumarkt trockenlegen, sagt Schmincke: „Damit die Chinesen daraus lernen und künftig kein Heilmittel mehr mit Pestizidrückständen anbieten.“
2 Jul 2013
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Sicherheitskräfte wollen gekapertes Schiff der Ökoaktivisten nach Murmansk bringen. Weltweit Proteste vor russischen Botschaften.
In Import-Lebensmitteln aus China wurden 15 teils hochgiftige Chemikalien gefunden. Oft fehlt es Bauern im Reich der Mitte an Beratung.
Umweltschützer finden im Harn von Menschen aus 18 Staaten ein Pestizid. Die Chemieindustrie meint: Kein Problem. Aktivisten fordern weitere Studien.
Unter qualvollen Bedingungen entnehmen chinesische Pharmaunternehmen Kragenbären ihre Gallenflüssigkeit. Doch inzwischen wächst der Widerstand.
Herstellung und Gebrauch hochgiftiger Chemikalien werden eingeschränkt. Darauf haben sich 180 Staaten auf einer Konferenz in Genf geeinigt.
7 Jahre lang hat eine Familie in China ihren Sohn mit einem selbst gebastelten Atemgerät am Leben gehalten. Der Fall ist symptomatisch fürs Gesundheitssystem.
Nestlé kooperiert mit Chi-Med. Die Schweizer erhalten so Zugriff auf eine botanische Bibliothek für Traditionelle Chinesische Medizin.