taz.de -- Kommentar EU und EEG-Umlage: Konsequent, aber gefährlich

Die EU will gegen deutsche Industriesubventionen vorgehen. Doch das anstehende Verfahren gefährdet den Ausbau der Erneuerbaren Energie.

Was für eine attraktive Konstellation für die Großindustrie: Die wachsende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat den Strompreis an der Börse in die Knie gezwungen. Ein Unternehmen, das in Deutschland aktuell Strom für das Jahr 2014 einkauft, muss nur noch knapp 38 Euro je Megawattstunde bezahlen – vor drei Jahren lag der Preis noch bei 60 Euro, vor fünf Jahren gar bei mehr als 90 Euro.

So viel zu einer Kostenentlastung, an der die erneuerbaren Energien großen Anteil haben. Gleichzeitig jedoch tritt die Förderung des Ökostroms in einem anderen Kostenblock als Belastung der Stromverbraucher zutage – und das ist die EEG-Umlage. Wenn nun Firmen einerseits von Windkraft und Sonnenstrom durch billigen Stromeinkauf profitieren, sie andererseits aber mit den Kosten der Förderung sauberer Energie aufgrund von Ausnahmeregelungen nicht nennenswert belastet werden, ist das schlicht ungerecht. Oder in der Sprache der EU-Bürokratie: eine Beihilfe.

Insofern ist es nur richtig und konsequent, dass die EU gegen das Treiben in Deutschland angeht.

Und doch ist das anstehende EU-Verfahren politisch gefährlich. Denn Energiekommissar Günther Oettinger wird den absehbaren Aufschrei der Unternehmen in seinem stetigen Kampf gegen die dezentrale Stromerzeugung zu nutzen versuchen. Schließlich ist Oettinger in dieser Hinsicht brandgefährlich, wie auch seine neueste Idee zeigt: Er will auch importierten Windstrom nach EEG vergüten – mit dem offenkundigen Ziel, das Fördergesetz zu überfrachten, um es anschließend kollabieren zu lassen.

Bei aller Genugtuung in der Sache über das aktuelle Beihilfeverfahren – wer die EU-Politik kennt, muss befürchten, dass sich dieses zu einen Generalangriff der EU auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz auswächst.

14 Jul 2013

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Bernward Janzing

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