taz.de -- Kommentar de Maizière: Der Drohnen-Minister hat gelogen
Der Minster hätte einen guten Rücktrittsgrund. De Maizière hingegen bleibt im Amt, obwohl er log. Aber das Euro-Hawk-Debakel könnte auch sein Gutes haben.
Doch, Minister Thomas de Maizière hat gelogen. Da haben SPD, Grüne und die Linkspartei, die diesen Vorwurf im Untersuchungsausschuss erneuert haben, einfach recht. Der Verteidigungsminister sagte im Juni auf sämtlichen öffentlichen Bühnen in seiner Version des Euro-Hawk-Skandals: Er habe keine „Vorlage“ zum Problem der nicht fliegen wollenden Aufklärungsdrohne gehabt.
Nun sagt er: Er habe damit „Entscheidungsvorlage“ und nicht sonstiges Papier gemeint. Der Termin, an dem er nichtvorlagenhaft von dem bejammernswerten Zustand des Drohnenprojekts erfuhr, sei der „einzige Zusammenhang“ gewesen. Doch inzwischen ist klar, dass es seit de Maizières Amtsantritt 2011 mannigfaltige Zusammenhänge gab, bei denen der Minister hörte, dass der Euro Hawk nicht zulassungsfähig ist.
Nun sollen Formulierungen in der Politik oft das eine denken lassen und das andere bedeuten. Dennoch lässt sich an der „Vorlage“ und dem „einzigen Zusammenhang“ eine Täuschungsabsicht belegen. Das gilt auch dann, wenn der Minister das erstens bedauert, zweitens andere Erklärungsmodelle anbietet – etwa, dass er nie von „unlösbaren Problemen“ erfahren habe – oder wenn es drittens richtig war, den Euro Hawk zu stoppen.
Nach hiesigen Gepflogenheiten hat de Maizière damit einen sehr guten Rücktrittsgrund. Dass es auch nach der Anhörung des Ministers vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags keinen Rücktritt gibt, hat nicht damit zu tun, dass die Entscheidung für die Abbestellung der Drohne richtig war. Sondern damit, dass die Kanzlerin es sich leisten kann, ihn im Amt zu lassen: Die politische Wetterlage macht’s möglich.
Doch auch ohne Rücktritt war es richtig, dass es nach anfänglichem Gezerre einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Euro-Hawk-Skandals gab. Die interessierte Öffentlichkeit, zumindest ein entsprechend aufmerksam gemachtes Fachpublikum, wird nun verfolgen, ob Versprechungen eingehalten werden.
De Maizière hat sich im Zuge des Skandals darauf festgelegt, dass die Rüstungsbeschaffung transparenter, straffer und günstiger werden muss. Die Industrie soll in die Schranken verwiesen werden, die Bundeswehr nicht mehr alles kaufen müssen, nur weil es gebaut wird. Sollten sich in in Zukunft Hinweise auf eine Demokratisierung im Rüstungshandel finden lassen, hätte man mit dem Stopp des Euro Hawk einiges gewonnen.
31 Jul 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Verteidigungsminister kommt nicht zur Ruhe. Während der Drohnen-Untersuchungsausschuss seine Arbeit beendet, wird ein Hubschrauberprojekt zum Problem.
Die Kostenexplosion beim Euro-Hawk ist keine Ausnahme. Ständig übersteigen Rüstungsprojekte geplante Ausgaben. Aber niemand verändert die Strukturen.
Geheimdokumente zum Euro Hawk zeigen: Noch unter Minister de Maizière wurde der US-Drohnenbauer von Rückkaufpflichten befreit.
Es braucht ein unabhängiges Institut, das überprüft, ob die Waffen ihren Preis auch wert sind. Bisher fehlt jeder Versuch in der Richtung.
Es geht voran mit dem militärisch-industriellen-Komplex – dank Verteidigungsminister de Maizière und seinen Kollegen in der ganzen Welt.
De Maizière gerät vor dem Untersuchungsausschuss in Erklärungsnot: Von unlösbaren Problemen will er nichts gewusst haben.
Viel Geld, wenig Transparenz und keine Entlastung für Thomas de Maizière. Vor allem sein positives Image wird ihm nun zum Verhängnis.
Im Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss gibt sich Stéphane Beemelmans so loyal, wie es sich für einen Topbeamten gehört. Und nimmt alle Schuld auf sich.
Thomas de Maizière geht einfach nicht. Dabei hatte er Menschen wie sich einmal den Rücktritt empfohlen. Kann man das philosophisch verstehen?