taz.de -- Kommentar Bundesligastart: Das Runde im Eckigen

Die Gastronomie mit Bildanschluss kann sich freuen: Die Goldgrube Fußballübertragung geht in die nächste Runde, Saison genannt.
Bild: Fußball. Im Fernsehen. Mit oder ohne Sky

Im Rheinland gibt es die sogenannte fünfte Jahreszeit, und die gibt es inzwischen hauptsächlich aus ökonomischen Gründen. Der Karneval bedeutet für die Gastronomie der Region ein Geschäft, das ihr das Überleben für ein weiteres Jahr sichert, immer und immer wieder. Inzwischen nagt das Rauchverbot an den Einnahmen, denn wer anständig feiern will, will es oft mit Kippe – und richtet sich lieber privat irgendwo ein.

Neben dem Karneval gibt es noch eine andere Zeitzone, die den Spelunken, Bierstuben, Kaschemmen, Eckkneipen und eigens dafür eingerichteten “Sportbars„ das Überleben sichert: der Dienstag-, der Mittwoch-, vielleicht auch der Donnerstag- und der Freitagabend, natürlich auch der Samstagnachmittag, der Samstagabend, und, na klar, der Sonntagnachmittag. Und, naja, für die ganz Harten sogar der Montagabend.

Es geht also um Fußball. Bundesliga, Champions League.

Jetzt also hat der monopolistische Anbieter der Livebilder eine Gebührenerhöhung verhängt. Ein paar Zahlen: Im Durchschnitt zahlt die Sportsbar jetzt 749 statt 629 Euro für das Abo (pro Saison). Je nach Quadratmetern, Kaufkraft, Bevölkerungsdichte und Sportaffinität. Einige Wirte überlegen, die Herausforderung anzunehmen und auf das Abo zu verzichten. Und ihren Laden also gleich ganz zu schließen.

Andere besinnen sich darauf, dass pro Gast und Besuch im Schnitt 18,11 Euro (!) in die Kasse fließen. Da kommt ganz schön was zusammen! Bier und Bulette – billig war jedenfalls gestern.

Kennt man die Bundesliga noch aus Zeiten, in denen die einzigen bewegten Bilder dazu die der Sportschau waren (und später die des aktuellen sport-studios, schön klein geschrieben); oder wenn man sich an Radiotage mit Autowaschen und Konferenzschaltung erinnern kann; an Wochenenden im Ausland, als man Sonntags froh war, in der größten Zeitung des Lands eine kleine Spalte mit den Ergebnissen aus Deutschland zu finden; wenn man gar noch weiß, wie die nationale Rufnummer der Deutschen Post für Sportnachrichten lautete, die man wählte, weil man alles verpasst hatte und irgendwo im öffentlichen Raum herumirrlichterte, dann – mutet dieser Kleinkrieg um Gebühren obskur an. So bedrohlich er für das samstägliche (und sonntägliche usw. usw.) tatsächlich ist.

Bedrohlich? Wirklich? Bei 18 Euro pro Nase und hochgerechnet einer Millionen Besucher pro Woche – zumindest in der Saison – die eine Bar mit Sportübertragung betreten: Das Ding ist eine verdammte Goldgrube. Für alle. Kein Wunder, dass der Bilderanbieter ein wenig mehr von der Kohle sehen will. Er liefert schließlich die Bilder!

Natürlich gibt es mittlerweile auch andere Medien. Zum Beispiel das Internet. Da gibt es auch Übertragungen, meist illegal, manchmal auch nicht. Sie ruckeln gern, sie haben schlechte Auflösungen, man bekommt erstaunlich fremde Sprachen zu hören, und manchmal ist nur ein Kreis im Bild, der irgendetwas mit Speicherplätzen und Pufferzonen zu tun hat. Also bleibt man vorerst lieber der Sportsbar treu.

Heute Abend geht es wieder los. Gladbach muss beim amtierenden Meister antreten. Das Öffentlich-Rechtliche überträgt live. Sogar auch per Stream. Könnte man sich auch zu Hause angucken. Aber wer will das schon.

9 Aug 2013

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Rene Hamann

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