taz.de -- Solarworld-Chef über Energiepolitik: „Wieder voll handlungsfähig“
Der Solarkonzern Solarworld ist vorerst gerettet. Sein Chef Frank Asbeck setzt nun auf einen Investor aus Katar – und beklagt sich über „Erpressung aus China“.
taz: Herr Asbeck, Solarworld ist nach der Aktionärsversammlung am Mittwoch vorerst gerettet, die Probleme durch chinesische Wettbewerber aber bleiben. Was macht Sie für die Zukunft so zuversichtlich?
Frank Asbeck: Zuerst mal war das ein tolles Ergebnis am Mittwoch. Wir haben für unser Sanierungskonzept von unseren Aktionären 99 Prozent Zustimmung bekommen und vorher ebenfalls 99 Prozent Zustimmung von unseren Gläubigern. Mit der Umsetzung dieses Konzeptes ist die Solarworld wieder voll handlungsfähig. Als einer der letzten verbleibenden deutschen Hersteller können wir die Trumpfkarte Qualität, Service und Innovationen made in Germany jetzt wieder voll ausspielen.
Rechnen Sie noch mit Anfechtungen der Hauptversammlung?
Das ist das gute Recht jedes Aktionärs. Das Closing unserer Maßnahmen erwarten wir nach allen möglichen Einsprüchen zwischen November und Februar.
Sind inzwischen alle Altlasten, wie etwa ungünstige Lieferverträge, durch Neuverhandlung beseitigt?
Wir haben unsere Materialkosten durch die Bank massiv gesenkt. Auch mit unseren Siliziumlieferanten wurden Preise neu verhandelt. Damit sind wir kostenseitig auf gleicher Höhe wie China. Abgesehen von den Subventionen mit denen die Regierung die chinesischen Unternehmen versorgt.
Welche Rolle wird Deutschland als Produktionsland für Solarworld künftig spielen?
Der Standort Freiberg in Sachsen bleibt für Solarworld Nummer eins. Ich persönlich stehe zur Produktion in Deutschland. Hier haben wir das richtige Personal, hier und an unserem amerikanischen Standort produzieren wir die beste Qualität. Und ich will auch nicht zu denjenigen gehören, die dafür sorgen, dass wir in Deutschland irgendwann nichts mehr produzieren, sondern, wie Gerhard Schröder mal gesagt hat, uns nur gegenseitig die Haare schneiden.
Ist das Festhalten am vollintegrierten Solarkonzern für Sie alternativlos? Wenn ja, warum?
Nur wenn sie alle Wertschöpfungsstufen im eigenen Unternehmen haben, haben sie auch die Qualität voll unter Kontrolle. Wir definieren uns als Qualitätsanbieter, deswegen werden wir die integrierte Produktion weiter ausbauen.
Wird Katar Einfluss auf die Firmenstrategie haben, wenn ja inwiefern?
Die Qatar Solar Technologies soll sich mit 29 Prozent an der Solarworld beteiligen und würde damit unser größter Aktionär. Aber die Kataries stehen zu unserer Solarworld-Strategie. Wir ergänzen allerdings unseren Wirkungskreis um ein verstärktes Engagement im arabischen Markt.
Bisher haben Sie die Strategie „Eigenstrom“ verfolgt, also die anteilige oder gar vollständige Deckung des eigenen Strombedarfs vom Dach. Glauben Sie, dass Katar daran Interesse haben könnte?
Selbstverständlich. Katar verfügt über große Erdgasvorkommen, aber dennoch ist Erdgas endlich. Wenn ich die hieraus gewonnene Energie einsetze, um ein Solarmodul zu produzieren, so kann ich damit über 30 Jahre lang Strom erzeugen. Damit verlängert sich die Nutzbarkeit um den Faktor 30. Katar hat sich zum Ziel gesetzt, die eigene Energieversorgung wesentlich auf Solar umzustellen.
Fühlen Sie sich – etwa im Kampf gegen chinesische Importware – von der deutschen Politik im Stich gelassen?
China hat Deutschland erpresst und Deutschland hat sich erpressen lassen. Für die ganze deutsche Industrie ist das ein schlechtes Zeichen. Wer den Panda küsst muss damit rechnen Fell auf der Zunge zu haben.
Hat die Bundestagswahl für Ihre Firma eine Bedeutung oder ist diese für ein globalisiertes Unternehmen wenig relevant?
Die Bundestagswahl hat eine Bedeutung für die Zukunft der deutschen Energieversorgung. Wenn die FDP von einem Moratorium für Erneuerbare Energien spricht, dann ist es Zeit für ein Moratorium der FDP.
9 Aug 2013
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