taz.de -- „Guardian“ und Geheimdienste: Wann beginnt die Selbstzensur?
Jetzt erst Recht! Statt den Schaden zu begrenzen, haben die britischen Behörden mit der Festnahme von David Miranda eine Eskalation erwirkt.
Die Festnahme von David Miranda markiert eine Zäsur in der Pressegeschichte – als massiver Versuch der Einschüchterung eines Journalisten über Repressionen gegen seinen Lebenspartner. Wem das letztlich mehr nützt, dem Guardian oder den britischen Behörden, ist aber noch nicht entschieden.
Gleich nach der Freilassung Mirandas kündigte Glenn Greenwald weitere Geheimdienstenthüllungen an. Seine Devise: Jetzt erst recht! Wo bislang journalistische Abwägungen die eine oder andere Veröffentlichung gebremst haben dürften, herrscht von nun an der Wille zur Unbeugsamkeit.
Es gibt durchaus Grund zur Aufregung: Die britischen Behörden beriefen sich bei der Festsetzung Mirandas auf ein Antiterrorgesetz, setzen also Journalisten mit Terrorhelfern gleich und hoffen, dass die sich davon einschüchtern lassen – was bei Greenwald zunächst offensichtlich nicht geklappt hat. Aber auf lange Sicht? Führen Übergriffe zur Selbstzensur?
Momentan allerdings profitiert der Guardian davon, dass die britischen Behörden, die den Schaden für sich doch eigentlich begrenzen wollten, eine Eskalation erreicht haben – wie bislang immer, wenn westliche Staaten die Freiheit der Medien einzuschränken versuchten: Watergate, Spiegel-Affäre, Cicero-Durchsuchung – aus all diesen Auseinandersetzungen ging die freie Presse gestärkt hervor. Doch die Hemmschwelle der Dienste sinkt weiter, die Festnahme Mirandas wirkt wie eine Kriegserklärung gegen aufklärerischen Journalismus.
Bei seinem Kampf kann sich Greenwald der Solidarität der Öffentlichkeit sicher sein. Wer den Staatsapparat gegen sich hat, hat die Sympathien auf seiner Seite. Greenwald droht so zum Helden stilisiert zu werden – was vielleicht ein bisschen viel der Ehre wäre.
Vom Guardian selbst ist in der aktuellen Affäre kaum Aufklärung zu erwarten – dafür ist er zu sehr Teil davon. Hoffentlich bleibt das die Ausnahme.
20 Aug 2013
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