taz.de -- Die Wahrheit: Der perfekte Westerwelle

Guido hält den Mund, trägt Maßanzüge spazieren und gibt ab und zu ein nichtssagendes Statement zu irgendeinem Aufstand in Arabien ab.

Als ein gewisser Joseph Fischer deutscher Außenminister war, beklagten einige Menschen, das Amt habe den Mann verändert. Vom angriffslustigen, unterhaltsam-ironischen Allroundpolitiker mit klaren Standpunkten sei er zum diplomatisch herumeiernden Beamtenfurz geworden.

Das war natürlich ein großes Missverständnis, weil Herr Fischer nie klare Standpunkte hatte. Und eindeutig war bei ihm nur eines: sein Drang nach oben. Egal wie. Wenn man dazu linksradikal sein, Polizisten verprügeln und mit dem Terror kokettieren musste: okay. Wenn man dazu den Palamentarismus auf einmal knorke zu finden hatte: prima. Und wenn es bedeutete, vom plumpen linken Antiamerikanismus zum treuen Bündnispartner zu konvertieren und stolz darauf zu sein, von Madeleine Albright „Joschka“ genannt zu werden: Nur zu.

Bei Herrn Fischer war und ist alles egal. So wie seine Figur: Mal gargantuesker, rotweinsaufender Vielfraß, mal asketischer, Salat mümmelnder Hungerhaken. Eh wurscht. Insofern war es auch humpe, wie er sich als Außenminister verhielt.

Und dennoch gestehe ich, dass ich den „Mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch“-Fischer unterhaltsamer fand und es ein klein wenig bedauerte, dass er sich solche kalkulierten Entgleisungen als Oberdiplomat nicht mehr erlauben durfte. Bei anderen begrüße ich diese erzwungene Verhaltensänderungen ohne Einschränkungen.

So war und ist der einzige Gewinn der schwarz-gelben Koalition, Guido Westerwelle dazu gebracht zu haben, die Klappe zu halten. Dazu musste er zwar nicht nur Außenminister, sondern auch noch von der Parteispitze weggeputscht werden. Aber dann war Ruhe im Karton: keine Beleidigungen von Hartz-IV-Empfängern mehr, keine plappernden Auftritte in Talkshows, keine Parteitagsreden mit Dampfboot-Rethorik oder infantile Witzchen wie dem, dass Pippi Langstrumpf „die erste Liberale“ gewesen sei. Wo doch jeder weiß, dass Pippi, wenn überhaupt irgendwas, die erste Anarchistin war.

Es ist so schön: Guido hält den Mund, trägt Maßanzüge spazieren und gibt ab und zu ein nichtssagendes Statement zu irgendeinem Aufstand in Arabien ab. So stelle ich mir die ideale Westerwelle’sche Existenz vor. Ruhig, unauffällig, leise plätschernd. Der perfekte Westerwelle.

Aber nun könnte Schlimmes drohen. Was ist, wenn Schwarz-Gelb am 22. September doch nicht wiedergewählt wird? Oder wenn seine Partei einen anderen Nasenbären auf diesen Posten setzt? Kann Guido dann der Versuchung widerstehen, in die Öffentlichkeit zurückzukehren? Oder ist er so klug wie Fischer, der sein Ruhegehalt von knapp 11.000 Euro genießt und nebenher für richtiges Geld den „Berater“ und Klassenkasper für den ehemaligen Klassenfeind gibt: RWE, BMW und Siemens. Sehr selten rülpst sich der selbsternannte „letzte Rock ’n’ Roller der deutschen Politik“ mit Hilfe eines Interviews ins reale Leben zurück, meist aber hält sich die eitle Wuchtbrumme erfreulich dezent aus allem raus.

Bitte merken, Herr Westerwelle, so macht man das!

27 Aug 2013

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El Kurdi

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