taz.de -- Kolumne Geht's noch?: Dumm-dumm-Boris

Boris Becker und Lothar Matthäus waren einmal Sporthelden. Jetzt machen sie als mediale Kamikazeflieger auf sich aufmerksam.
Bild: Es war einmal... Boris Becker.

Vorweg eine Information für die Jüngeren: Boris Becker war einmal der beste Tennisspieler der Welt, und Lothar Matthäus hat als Fußballer so ziemlich alles gewonnen, was man gewinnen kann. Die beiden waren einst richtige Helden.

Daran muss man immer wieder erinnern, weil Menschen unter 20 die beiden nur noch als komplette Vollidioten kennen. Der eine nudelt Groupies im Besenschrank, hinterzieht Steuern, und niemanden würde es überraschen, wenn er die Beschaffenheit seines Morgenstuhls twittern würde.

Der andere redet von sich in der dritten Person, gerne auch in einem grotesk schlechten Englisch, dessen Jämmerlichkeit nur noch von seinem Deutsch übertroffen wird, und heiratet zwanghaft jedes gerade volljährige Model, das auf der Suche nach finaler finanzieller Versorgung seinen Weg kreuzt.

Das Faszinierende ist, dass Becker und Matthäus ebenso hart an der Zerstörung ihres Mythos arbeiten, wie sie zuvor, als junge Menschen, für ihren sportlichen Erfolg geschuftet haben. Dafür nutzen sie alle verfügbaren Medien. So ließ sich Matthäus wochenlang im Fernsehen als Vollhonk vorführen – in seiner Dokusoap „Lothar – immer am Ball“; wohingegen Becker sich gerne schriftlich blamiert, nicht nur durch irre Tweets.

Gerade hat er seine zweite Autobiografie geschrieben. Und Bild druckt vorab. Damit die Nation erfährt, dass seine Exfrau ihn gehauen hat, der Besenschrank-GV gar nicht im Besenschrank, sondern auf der Treppe vollzogen wurde und Sandy nicht kochen wollte …

Warum um Himmels willen tun die das? Warum können sie sich nicht ins Privatleben zurückziehen und still ihr Geld genießen? Oder ihre Nase für etwas Sinnvolles in die Kamera halten, für Unicef oder Amnesty International? Oder einfach auf anderer Ebene weiterarbeiten, wie Franz Beckenbauer oder Niki Lauda?

Die Wahrheit ist wahrscheinlich ebenso schlicht wie die Gemüter unserer beiden medialen Kamikazeflieger. Sie wollen nichts anderes als weiter berühmt sein. So wie früher. Da sie aber für ihren Sport zu alt sind und auch sonst nichts können, verkatzenbergern sie. Perspektive „Dschungelcamp“. Vor diesem Hintergrund ist klar: Wir haben Steffi Graf viel unrecht getan.

27 Sep 2013

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El Kurdi

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