taz.de -- Nachruf auf Kofi Awoonor: Der absurde Tod eines Dichters

Der Dichter Kofi Awoonor ist beim Angriff auf Nairobis Westgate-Shopping Mall gestorben. Der marokkanische Autor Tahar Ben Jelloun erinnert an ihn.
Bild: Bei seiner Ankunft in Ghana war der Sarg des Dichters, Professors und Botschafters in der nationalen Flagge eingehüllt.

Tahar Ben Jelloun ist Muslim, Awoonor Christ, beide wahrten ein Leben lang kritisch ironische Distanz zu ihrer jeweiligen Religion. Beide engagieren sich in politischen und sozialen Fragen, schreiben in den Sprachen der ehemaligen Kolonialherren, der eine in Französisch, der andere in Englisch.

Der große ghanaische Dichter Kofi Awoonor ist in Nairobi bei der Geiselnahme im Westgate-Einkaufszentrum wie viele andere Menschen auch ermordet worden. Sein Sohn, der ihn begleitete, wurde verletzt. Der 78-Jährige war ein Vertrauter des ersten ghanaischen Präsidenten Kwame Nkrumah und vertrat sein Land bei der UN in New York.

Er gilt als Dichter der afrikanischen Würde. Seine Gedichte sind von der oralen Tradition seines Volkes inspiriert und behandeln soziale und politische Themen. Er betrachtet sein Land, schöpft aus dessen Landschaften und Geschichte, um zum ausgebeuteten und von selbst ernannten Glücksbringern verratenen Volk zu sprechen.

Der Zufall ist manchmal tragisch. Sicher kannten Awoonors Mörder ihn nicht; es sind in jedem Fall Analphabeten, die nicht einmal wissen, was sie tun. Dieser große Mann, der sich für Menschenrechte und den Dialog zwischen den Völkern einsetzte, wurde Opfer von religiösem Integrismus, verbrecherischem Fanatismus. Er glaubte an ein neues Afrika, ganz befreit vom Kolonialismus, das sich derer entledigt, die er „Schurken und böse Menschen“ nennt. Er kämpfte gegen Korruption und kulturelle Entfremdung.

Der radikale Islamismus gewinnt insbesondere in Afrika an Boden; dieser absurde Fundamentalismus konnte aus Mali verjagt werden; er beruht auf der Ignoranz und dem Zynismus unsichtbarer Menschen, die Verbrechen finanzieren im Namen einer Religion, deren Namen und tiefer Sinn Frieden bedeuten.

Die jungen Fanatiker von al-Shabaab kommen aus Somalia, einem Land, das seit 1991 und dem Sturz von Siad Barre im Chaos lebt, einem Land ohne Rechtsstaat. Sie sind berüchtigt für ihre Brutalität. Sie haben sich al-Qaida angeschlossen und seit 2009 556 terroristische Anschläge verübt, dabei sind 1437 Menschen ermordet worden.

Zwischen ihnen und den Piraten an der somalischen Küste besteht eine Verbindung. Sie werden auf 7.000 Mann geschätzt und sollen 80 Prozent des somalischen Territoriums kontrollieren.

Kofi Awoonor musste nun ausgerechnet dem Kugelhagel dieser Gauner zum Opfer fallen, die den Überlebenswillen durch den Todesinstinkt ersetzt haben, den Tod der anderen oder den eigenen.

Aus dem Französischen von Christiane Kayser

30 Sep 2013

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