taz.de -- Nach Geiselnahme in Kenia: Stunde der Kritik in Nairobi
Die Geiselnahme in einem Einkaufszentrum ist beendet. Nun wird Unmut über das Verhalten der Regierung, den Sicherheitsdienst und die Polizei laut.
NAIROBI taz | Kaum ist die Geiselnahme in Kenia beendet, wird sogleich Kritik an dem Verhalten der Regierung laut. In sozialen Medien und im Parlament werden Fragen zu dem Verhalten der Sicherheitsbehörden gestellt.
Senator Gidion Mbuvi Sonko, Liebling von jungen und armen Kenianern, sagte, er habe den Nationalen Sicherheitsdienst (NIS) schon vor zwei Monaten vor einem Attentat gewarnt. Zwei Frauen hätten ihm erzählt, dass Personen, die in ihrem Haus lebten und Ausländer seien, einen Anschlag planten. „Ich nahm die Frauen mit zu Mitgliedern des NIS, damit sie sich ihre Geschichte anhören. Danach vernahm ich nichts mehr von der Sache“, sagte Sonko.
Auch im Parlament wurde schwere Kritik am NIS laut. „Einige meiner Kollegen meinen, es sei nicht die richtige Zeit für Beschuldigungen, aber ich finde, es ist genau die richtige Zeit, um dem NIS die Schuld an der gegenwärtigen Situation zu geben“, sagte der Abgeordnete Kimani Ichungwa. Seine Kollegin Joyce Laboso meinte: „Wir haben verschiedenen Sicherheitsbehörden, die viele Steuergelder verschlingen, aber nicht im Stande sind, vor geplanten Aktivitäten von Terroristen zu warnen, sodass diese verhindert werden können.“
Anonyme Mitglieder der amerikanischen Sicherheitsbehörden erzählten der New York Times, dass die bewaffnete Operation in Nairobi seit Monaten geplant gewesen sei. Die sehr gut Englisch sprechenden Kämpfer seien ausgesucht worden, um nicht aufzufallen. In Kenia wird neben der Landessprache Swahili viel Englisch gesprochen. „Ein oder zwei Tage zuvor hatten die Angreifer ihre Maschinengewehre in einem Geschäft im Einkaufszentrum versteckt, dass sie wahrscheinlich gemietet hatten“, sagten die Gesprächspartner der Zeitung. „Das gab den Geiselnehmern die Chance, das Gebäude genau kennenzulernen.“
Kriitk an der Polizei
Nicht nur der NIS wurde kritisiert, sondern auch die Polizei. Polizisten werden schlecht bezahlt und gehen oft nicht ihrer Arbeit nach, sind dafür aber Meister im Erpressen von Autofahrern und anderen Bürgern. Die Abgeordneten forderten von der Regierung, dass der Polizeiapparat von solchen Personen gesäubert wird.
Augenzeugen der Geiselnahme berichteten, dass die Angreifer der somalischen Gruppe al-Shabaab G3-Gewehre hatten. Diese Waffe wird auch von den Sicherheitsbehörden benutzt. Sicherheitsexperten meinen, dass die Terroristen die Gewehre möglicherweise von korrupten Polizisten bekamen. Diese seien dafür bekannt, nach Schichtende ihre Waffen an jeden zu verleihen, der ein paar Euro pro Stunde dafür bezahlen kann.
Während die Kritik zunimmt, wehen die Fahnen auf Halbmast. Präsident Uhuru Kenyatta kündigte drei Tage Staatstrauer an. Währenddessen geht die Durchsuchung des Westgate-Einkaufszentrums nach Sprengstoff und Toten weiter. Bisher ist von 61 Toten die Rede, darunter sechs Soldaten und fünf Terroristen, die bei Kämpfen umkamen. Doch das Rote Kreuz hat eine Liste von rund sechzig Vermissten erstellt. Damit könnte sich die Opferzahl noch verdoppeln.
25 Sep 2013
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