taz.de -- Kolumne Buchmessern (3): Auf Verkauf liegt die Betonung
In Frankfurt ist von einer Krise des Buchmarkts kaum etwas zu spüren. Doch die Festredner bei der Buchmesse sind nicht frei von Zynismus.
Wenn es eine Krise des Buchmarkts gibt, dann ist Frankfurt der denkbar schlechteste Ort, um sie wahrzunehmen. Hier ist alles überdeckt von einer anderen Krise: der Krise unserer Städte, die hier am augenfälligsten ist. Nein, Frankfurt sieht nicht aus wie Detroit. Aber Frankfurt steht am anderen Ende der Skala ein und derselben Krise.
Während die Frankfurter Bürger im Zentrum eine gotische Altstadt bauen und sich so eine krankhafte Sehnsucht nach dem Feudalismus erfüllen, wird im Rest des Zentrums geradezu hysterisch in leblose Immobilien investiert. Man fühlt sich unweigerlich an das aktuelle Buch von David Harvey erinnert. Es heißt „Rebellische Städte“ (Suhrkamp Verlag) und in ihm zeigt der Geograf, dass Urbanisierung immer ein Weg ist, um aus Krisen rauszukommen. Harvey legt beweiskräftig dar, wie unsere Städte neu gebaut werden für die Oberschicht. Das ist historisch kein neuer Prozess, neu ist vielleicht die Vehemenz, mit der das passiert, aber die Frage, was urbanes Gemeingut ist, scheint immer hinfälliger.
Die Straßen sind gesäumt von diesen Demonstrationen von Macht, und effektvoll wie sie sind, scheinen einem bei all der Kriseneindrücklichkeit schließlich all die Festredner auf den Messefeierlichkeiten nicht frei von Zynismus, wenn sie an das zu erhaltende „Kulturgut“ Buch erinnern. Bei so viel Moral des Amoralischen fühlt man sich, als würde man in einem naturhistorischen Museum besucht werden.
Doch sinnfrei sind die wohlwollenden Worte ja nicht, denn es sind ja nicht nur die individuellen Geschäftsmodelle, die in die Krise geraten, sondern die Frage ist ja tatsächlich, welche von den abseitigeren, aber häufig umso wertvolleren Büchern in Zukunft veröffentlicht werden, wenn die Distributionswege andere sind und es eine zunehmende Konzentrationen auf dem Markt geben wird. Lange entzürnte sich die Angstdiskussion in den Verlagen am E-Book, aber ob gedruckt oder elektronisch – die Form an sich ist nicht das Problem. Und das nicht bloß, weil trotz allen Geredes von der Steigerungsrate der Marktanteil der E-Books immer noch bei nur lächerlichen 2,5 Prozent liegt.
Das Zeitalter nach dem E-Book
Das Problem liegt in den Distributionswegen und in der Umsonstkultur. Der Blogger Sascha Lobo präsentierte am Mittwochabend seinen neuen Verlag [1][Sobooks], mit dem er diesen Aspekten entgegenwirken will. Sobooks ist eher eine Verkaufsplattform als ein Verlag. Auf Verkauf liegt die Betonung. Bücher sollen gekauft werden und am besten nicht bei Amazon. Zusammen mit drei Kollegen hat Lobo Sobooks entwickelt und großspurig das Zeitalter nach dem E-Book verkündet, denn, so Lobo, E-Books sind nur das, was die Digitalisierung aus dem Buch gemacht hat, in einem nächsten Schritt gehe es um die Frage, was Internet und soziale Medien mit dem Buch machen.
Sobooks steht für Social Books, und wie der Name sagt, soll man nicht bloß Bücher kaufen können, sondern sie auch in den sozialen Medien diskutieren. Sobooks diktiert den Verlagen keine Konditionen, und es haben sich bereits kleine wie große dem Projekt angeschlossen. Die Bücher sind direkt über den Browser lesbar, also nicht an ein bestimmtes Lesegerät gebunden, oder als PDF herunterladbar.
Die Kommentar- und Interaktionsmöglichkeiten auf Sobooks sind tatsächlich beeindruckend, aber will man sie auch? Die Idee von Sobooks, Verlage, Leser und Autoren mit dem Netz zu versöhnen, ist ein guter Ansatz. Denn will man die Entscheidung über die Entwicklung des Buchmarkts nicht einem Riesen wie Amazon überlassen, werden wir Ideen wie die von Sobooks brauchen.
10 Oct 2013
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