taz.de -- Der sonntaz-Streit: Können Staaten Freunde sein?

Das deutsch-amerikanische Verhältnis wurde behutsam gepflegt und diplomatisch besiegelt. Dann war plötzlich die NSA am Telefon.
Bild: Szene einer Freundschaft: Angela Merkel und Barack Obama.

„Lieber Barack, ich heiße dich willkommen bei Freunden“, sagte Angela Merkel noch im Juni beim Berlin-Besuch des US-Präsidenten. Gut vier Monate später steckt diese Freundschaft aufgrund der Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden in einer Krise. Als „eklatant gestört“ bezeichnete CSU-Chef Horst Seehofer das „Verhältnis zu unseren amerikanischen Freunden“ angesichts der nun bekannt gewordenen Spähaffäre.

Recherchen des Spiegel auf Basis der Snowden-Akten hatten ergeben, dass seit 2002 mindestens ein Telefon von Angela Merkel vom amerikanischen Geheimdienst abgehört wurde. Auch US-Präsident Obama soll schon 2010 von den Spähaktionen gewusst haben. US-Medien, die sich auf Regierungskreise berufen, sprechen hingegen von einer Mitwisserschaft Obamas erst seit einer internen Untersuchung im vergangenen Sommer. Demnach habe die NSA in den letzten Jahren rund 35 internationale Spitzenpolitiker abgehört.

Den Lauschangriff gegen die deutsche Kanzlerin hat die US-Regierung nach dieser internen Untersuchung angeblich zwar beendet, doch die diplomatische Krise nach Bekanntwerden der Aktion konnten die US-Behörden nicht verhindern. In einem ersten Telefonat mit Kanzlerin Merkel am letzten Mittwoch soll Barack Obama seine Mitwisserschaft sogar geleugnet haben. Später bedauerte der US-Präsident die Abhöraktionen und versprach Aufklärung.

Hierzulande wurde der Ton inzwischen rauer: „Abhören ist eine Straftat und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Bundesinnenminister Friedrich (CSU) der Bild am Sonntag. SPD, Grüne und Linke fordern die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Auch der US-Senat will sich nun mit dem Fall befassen. Konservative Politiker aus den USA verteidigten hingegen die Spähaktionen: Europa würde davon profitieren und vor Bedrohungen geschützt, so der Tenor.

Die viel beschworene deutsch-amerikanische Freundschaft wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs behutsam gepflegt, diplomatisch besiegelt und gehörte zum guten Ton. Im Kalten Krieg umarmten sich USA und BRD nicht bloß aus diplomatischen Gründen, sondern auch zum gegenseitigen Vorteil. Es sollte kein Zweifel mehr aufkommen, dass die Beziehung zwischen den beiden Staaten eine echte Freundschaft ist. Nur was zeichnet eine solche aus? Ist Freundschaft überhaupt die richtige Kategorie, um ein Verhältnis zwischen Staaten zu beschreiben?

Der Duden definiert Freundschaft als ein „auf gegenseitiger Zuneigung beruhendes Verhältnis von Menschen zueinander.“ Wikipedia spricht von einer „positiven Beziehung zwischen Menschen, die aus Sympathie und Vertrauen besteht.“ Aber kann das auch für die Beziehung zwischen Staaten gelten? Kann man einem Freund noch vertrauen, der einen überwacht? War Deutschland im Umgang mit den USA zu naiv? Oder gehört das Sammeln von Informationen auch unter Verbündeten zu den Geheimdienstaufgaben? Können Staaten Freunde sein?

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29 Oct 2013

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Weiss

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