taz.de -- Nein zu Olympia 2022 in München: Sotschi ist schuld

Politiker und Sportfunktionäre suchen nach Erklärungen für den Sieg der Olympiagegner beim Volksentscheid. Eigene Fehler sehen die Befürworter der Spiele nicht.
Bild: Murmansk hat die olympische Flamme - München nicht.

MÜNCHEN dpa | Nach dem klaren „Nein“ der Bürger zu einer weiteren Münchner Olympia-Bewerbung rätseln Politiker und Sportfunktionäre über die Gründe der Ablehnung. „Ich glaube, es ist eine generelle Skepsis gegenüber sportlichen Großereignissen“, sagte Michael Vesper, der Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). „Es ging nicht mehr um Teile der Bewerbung, sondern plötzlich um die Generalkritik“, vermutete auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) nach der heftigen Niederlage der Befürworter bei den vier Bürgerentscheiden in den geplanten bayerischen Wettkampfregionen.

In München, Garmisch-Partenkirchen sowie den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden gewannen jeweils die Olympia-Gegner. Auch sie bewerteten die Ablehnung als eine Grundsatzentscheidung der Deutschen. „Ich glaube, in ganz Deutschland sind Olympia-Bewerbungen mit dem heutigen Tag vom Tisch“, sagte Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag.

Der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) widersprach dieser Einschätzung: „Das Nein zu Olympia 2022 bedeutet nicht das generelle Aus für Olympische Spiele in Deutschland“, betonte seinn Sprecher. „Man muss jetzt alles tun, dass es beim nächsten Mal klappt.“

Zuerst müsse sich das Internationale Olympische Komitee (IOC), das seit kurzem vom Deutschen Thomas Bach als Präsident angeführt wird, ändern, meinte der Wortführer des Bündnisses „NOlympia“. Nicht die Städte müssten sich dem IOC anpassen, sondern umgekehrt, sagte Hartmann. Auf der Siegerparty in München herrschte am Sonntagabend ausgelassene Stimmung. Jedes Ergebnis wurde lautstark bejubelt.

Größte Ablehnung in Ruhpolding

In München, wo fast 1,1 Millionen Bürger stimmberechtigt waren, votierten nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 52,1 Prozent mit Nein. Die höchste Abfuhr kassierten die Befürworter ausgerechnet rund um den extra neu eingebundenen Wettkampfort Ruhpolding im Landkreis Traunstein mit 59,67 Prozent. Im Berchtesgadener Land betrug die Ablehnung 54,02 Prozent, in Garmisch-Partenkirchen 51,56 Prozent.

Der Anforderungsbogen sei von den Olympia-Gegnern spätestens dann überspannt gewesen, „wenn plötzlich das IOC für die russische oder chinesische Politik verantwortlich gemacht wird“, kritisierte Ude. Auch er selbst finde im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) durchaus „Persönlichkeiten, mit denen ich ganz und gar nicht einverstanden bin“, sagte er.

Der Deutsche Skiverband (DSV) macht eine „Angst-Stimmung“ in der Bevölkerung für das Olympia-Aus verantwortlich. „Da versucht man das zu bewahren, was man hat“, sagte DSV-Vizepräsident Peter Schlickenrieder am Montag in einem Interview des Deutschlandradios Kultur. Besonders die „Umwälzungen“ und die „enormen Natureingriffe“ im kommenden Olympia-Ort Sotschi hätten die Bürger beunruhigt. Insofern sei die Angst auch „Treiber“ der Entscheidung gewesen, betonte er und bedauerte zugleich das Bürgervotum: „Wenn jemand Olympia nachhaltig organisieren kann, dann sind das wir“, so der Ski-Funktionär.

Um olympische Medaillen wurde in Deutschland letztmals 1972 bei den Sommerspielen gekämpft – in München, wo es jetzt ein halbes Jahrhundert später kein Winter-Spektakel auf Schnee und Eis geben wird. Die Befürworter erkannten ihre bittere Niederlage an. „Nein, es gibt keine Hintertürchen. Es ist die Aussage der Bürger“, antwortete DOSB-Generaldirektor Vesper auf die Frage, ob es noch eine Chance gebe, Olympia 2022 doch nach München zu bringen.

11 Nov 2013

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