taz.de -- Klimakonferenz in Warschau: Tränen und Hungerstreik
Der Taifun „Haiyan“ ist zentrales Thema auf dem Klimagipfel. Der philippinische Delegationsleiter will nichts essen, bis es echte Fortschritte gibt.
BERLIN taz | Die Debatte über den Taifun „Haiyan“ hat am Montag den Auftakt der Klimakonferenz in Warschau dominiert. „Wir weigern uns, einen Prozess zu akzeptieren, der es zulässt, dass solche Superstürme jedes Jahr passieren werden“, sagte der Verhandlungsführer der Philippinen, Yeb Sano. Er kündigte einen Hungerstreik an, bis das Treffen „bedeutende“ Fortschritte erzielt habe.
Der Diplomat stammt aus der vom Taifun betroffenen Region und bangt um das Schicksal von Verwandten und Freunden nach dem Sturm, bei dem möglicherweise bis zu 10.000 Menschen starben. „Wir müssen diesen Wahnsinn beenden“, //twitter.com/yebsano/status/399797291445256192:twitterte Sano. Wobei nicht klar war, ob er das Chaos nach dem Sturm meinte oder die Klimakonferenz.
Wie bereits auf der vergangenen Konferenz in Doha 2012 erinnern damit die Philippinen die abgeschotteten Klimadiplomaten in ihren klimatisierten Konferenzzentren an die harte Realität. Vor einem Jahr hatte während der Konferenz der Tropensturm „Bopha“ die Inselrepublik verwüstet. „Haiyan“ passt ins Muster einer Welt im Klimawandel mit wärmeren Meeren, höheren Niederschlägen und stärkeren Stürmen.
Eine schlimme Taifunsaison wie 2012 oder 2013 koste das Land neben Menschenleben etwa 5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts, heißt es von der philippinischen Regierung. Schon in Doha hatte der Delegierte Sano von den UN-Staaten im Plenum mit tränenerstickter Stimme wirksamen Klimaschutz gefordert: „Keine Verzögerung mehr, keine Entschuldigungen mehr!“
Der Weg nach Paris ist noch weit
Das wird aber auch in diesem Jahr ein Wunsch bleiben. Denn die nun begonnene Klimakonferenz soll große Entscheidungen nur vorbereiten: 2015 soll in Paris endlich ein rechtlich verbindliches Klimaabkommen unterschrieben werden, das ab 2020 für alle Staaten gilt. Weil der Weg bis Paris noch weit ist, hat die UNO 2014 als „Jahr der Ambitionen“ ausgerufen: Der UN-Klimarat IPCC wird zwei Berichte vorlegen, die 2-Grad-Grenze für die Erderwärmung soll überprüft werden und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die Staatschefs für September zu einem Sondergipfel eingeladen. So soll – ähnlich wie vor der Konferenz in Kopenhagen 2009 – so viel Druck aufgebaut werden, dass es mit dem Abkommen in Paris klappt.
Doch es geht auch das Gespenst von Kopenhagen um: Die Konferenz in Warschau kann scheitern, wenn – wie etwa im Sommer – die Russen alles aus Verfahrensgründen blockieren. Oder wenn die wichtigsten Akteure nicht zum Kompromiss bereit sind. Bisher übernehmen auf dem Weg nach Paris weder die USA oder China noch die EU eine Führungsrolle.
Weil aber wirksamer Klimaschutz schon vor 2020 beginnen muss, soll in Warschau auch geklärt werden, wer bis 2020 freiwillig wie viel Klimaschutz leisten kann – wie und wo also etwa erneuerbare Energien fossile Brennstoffe ersetzen können. Außerdem warten die Entwicklungsländer auf finanzielle Zusagen, der „grüne Klimafonds“ soll zum ersten Mal von den Industrieländern gefüllt werden.
Und gerade die ärmsten Länder wie Bangladesch wollen in Warschau einen Punkt ansprechen, der den Industriestaaten gar nicht passt: Entschädigung für ihre Klimaschäden durch Stürme und Hochwasser. Reiche Staaten fürchten hier eine juristische Verpflichtung. Aber „Haiyan“ führt den Delegierten vor Augen, wie überfordert verwundbare Länder bei solchen Unglücken sind. „Wir haben keine Gelder von den reichen Ländern bekommen, um uns auf solche Schäden vorzubereiten oder uns anzupassen“, sagte der Philippiner Sano bereits im letzten Jahr dem [1][Guardian].
12 Nov 2013
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