taz.de -- Fußballer unter Terrorismusverdacht: „Das würde der nie, nie machen“
Ex-Fußballprofi Burak Karan soll als islamistischer Krieger in Syrien gefallen sein. Sein Freund Mustafa Kucukovic will das nicht glauben.
taz: Herr Kucukovic, mit Burak Karan ist ein guter Freund von Ihnen gestorben. Woher kannten Sie ihn?
Mustafa Kucukovic: Wir sind zusammen aufgewachsen, haben dann später im HSV-Internat ein Zimmer geteilt. Er war eher ein Bruder als ein Freund für mich.
Sie kennen auch Buraks Bruder.
Klar, der hat mich sofort angerufen, als er von Buraks Tod erfahren hat. Am Montag haben wir dann noch mal telefoniert, da war sein toter Bruder auf dem Titelblatt der Bild zu sehen. Und jetzt bekommt die Familie ständig Anrufe, in denen sie gefragt wird, ob Burak ein Terrorist war.
Zumindest haben manche Journalisten die Frage aufgeworfen, ob er für die Islamisten kämpfte.
Ein ehemaliger Nationalspieler, der Terrorist wird, das ist natürlich eine tolle Geschichte. Komisch nur, dass keiner, der ihn wirklich kennt, sich das im Geringsten vorstellen kann. Im letzten Satz hat ja selbst die Bild die Frage aufgeworfen, ob er nun ein Terrorist war. Oder ob er Spenden gesammelt hat und den Leuten nur helfen wollte. Das ist ein verdammt großer Unterschied, finde ich.
Was für ein Mensch war Burak Karan?
Burak hat schon mal über die Stränge geschlagen, der war kein Engel, genauso wenig wie ich. Aber er war ein herzensguter Mensch, einer, der hilfsbereit war und immer Schwächeren geholfen hat.
So beschreiben ihn auch ehemalige Mitarbeiter des HSV-Jugendinternats.
So beschreibt ihn jeder, der ihn kennt, wirklich jeder. Ich habe in den letzten Tagen sehr viele Anrufe von ehemaligen Mitspielern aus der Bundesliga und der Nationalmannschaft bekommen, und keiner von denen kann sich vorstellen, dass Murat etwas mit al-Qaida zu tun hat. Mein Trainer hier in Rostock, Andreas Bergmann, hat Burak ja selbst in Hannover trainiert und hatte selbst ganz schön zu knapsen mit der Todesnachricht.
Verständlich.
Gerade hat Bergmann zu mir gesagt: „Er war ein schwieriger Typ, das bist du auch, aber ihr seid ehrlich, und auf euch beide kann man sich immer zu 100 Prozent verlassen.“ Wenn einem auf der Straße etwas passiert ist, ist er dazwischengegangen, so ein Mensch war das. Aber das geht gerade völlig unter.
Wie reagiert denn so einer, wenn er mitbekommt, dass in Syrien Hunderttausende sterben, ohne dass der Westen einschreitet?
Na, so wie auf der Straße, er tut etwas. Er hat hier ja Spenden für Syrien gesammelt, und sein Bruder sagt, dass er unten darauf aufpassen wollte, dass die auch in die richtigen Hände kommen. Burak hat auch da wieder mehr getan, als ich mich jemals trauen würde. Ich würde jedenfalls nicht da runterfahren.
Genau das irritiert offenbar viele. Was hat er in Syrien gemacht? Und warum gibt es Fotos, die ihn als bärtigen Mann mit Kalaschnikow zeigen?
Von mir gibt es auch Fotos und dumme Aussagen, über die ich nicht nachgedacht habe. Wenn er irgendwas Böses da unten geplant hätte, hätte er doch auch seine Frau und seine zwei Kinder nicht mitgenommen. Meine Güte, wenn du Terrorist bist, musst du doch in Kauf nehmen, dass du unschuldige Menschen mit umbringst. Und dann denke ich an Burak, diesen Gerechtigkeitsfanatiker. Das würde der nie, nie machen.
Sie reden von ihm immer noch in der Gegenwartsform.
Ich bin traurig. Ich kann das gar nicht beschreiben. Da kann man nicht mehr Fußball spielen. Was für ein Glück, dass am vergangenen Wochenende spielfrei war. Jetzt sagt man sich: Es muss weitergehen. Soll ja helfen, dieser Spruch.
21 Nov 2013
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