taz.de -- Kommentar Verbotsantrag gegen NPD: Mit spitzen Fingern anfassen
Der Bundesrat reicht am Dienstag seinen NPD-Verbotsantrag ein. Die Verfassungsrichter haben allen Grund für eine skeptische Prüfung.
Ein Verbot der NPD ist möglich. Zweifellos sieht das Grundgesetz vor, eine Partei zu verbieten, die die freiheitliche Demokratie im Kern ablehnt. Die Verfassung folgt dem Konzept der „wehrhaften Demokratie“, Garantien des Grundgesetzes gelten für die Feinde der Freiheit nur bedingt. Dennoch ist der Verbotsantrag, den der Bundesrat am Dienstag in Karlsruhe einreichen wird, kein Selbstläufer. Wenn die Verfassungsrichter zusätzlich eine „unmittelbare Gefahr“ für die Demokratie fordern, dann könnte der Antrag auch abgelehnt werden. Schließlich ist die NPD derzeit eine Partei im Niedergang.
Für eine Anhebung der Hürden spricht mehreres. Erstens sollte ein Parteiverbot in der Demokratie immer das letzte Mittel sein. Ein Verbot zeigt gerade nicht die Stärke der Demokratie, sondern stärkt autoritäre Lösungsmuster. Zweitens wäre es für das Verfassungsgericht peinlich, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Parteiverbot wieder aufhebt. Straßburg hat schon verschiedentlich eine „Gefahr“ als Voraussetzung für ein Verbot verlangt.
Drittens aber machen vor allem die Umstände der jahrelangen Verbotsdiskussion skeptisch. Die Forderung nach Ausschaltung der NPD kam immer dann hoch, wenn sich die Öffentlichkeit über rechtsradikale Gewalttaten empörte, im Sommer 2000 nach einem Anschlag auf russische Einwanderer in Düsseldorf und jüngst nach Bekanntwerden der Morde der rechten Terrorgruppe NSU. Wenn die unmittelbaren Täter unbekannt oder tot sind, dann ist ein NPD-Verbot immer gut, um staatliche Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit zu zeigen. Inzwischen wird das Verbotsverfahren vor allem fortgeführt, weil man es einmal angefangen hat.
Die Verfassungsrichter haben also genug Gründe, den Verbotsantrag mit spitzen Fingern anzufassen.
2 Dec 2013
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