taz.de -- Reform der US-Geheimdienste: 40 Ratschläge für Obama

Experten legen dem US-Präsidnten zahlreichen Vorschläge zur Änderung der Geheimdienste vor. Unterdessen gibt es neue Enthüllung zur Arbeit der NSA.
Bild: Neue Arbeitsmethoden? NSA-Chef Keith Alexander.

WASHINGTON dpa | Eine von Barack Obama eingesetzte Expertengruppe hat dem US-Präsidenten Vorschläge für Änderungen der Arbeit des Geheimdienstes NSA unterbreitet. Wie die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden, am Freitag sagte, prüft das Weiße Haus die rund 40 Ratschläge, bevor Obama im Januar seine Entscheidungen über mögliche Schritte bekanntgibt. Über Einzelheiten des Berichts informierte sie nicht. Zuvor hatten US-Medien gemeldet, die Gutachter rieten der Regierung zu einer grundlegenden NSA-Reform.

So empfahl die Kommission nach einem [1][Bericht der New York Times] etwa, die NSA sollte nicht länger dazu befugt sein, sämtliche Daten zu speichern, die bei Telefonaten anfallen. Die Daten sollten vielmehr bei den Telekommunikationskonzernen verbleiben.

Der Dienst solle auch den Schutz der Privatsphäre von Europäern verbessern, wenn er in deren Ländern Telefonate oder Internetaktivitäten überwache. Dem Zeitungsbericht zufolge empfahlen die Gutachter zudem, dass künftig hochrangige Mitarbeiter des Weißen Hauses - inklusive des Präsidenten - ihr grünes Licht für die Liste ausländischer Staatschefs geben müssen, die die NSA routinemäßig belauscht.

Unterdessen gibt es neue Enthüllungen zur NSA. Der Geheimdienst könne demnach massenhaft Handy-Gespräche abhören. Dabei nutze der US-Geheimdienst aus, dass die rund 30 Jahre alte Verschlüsselung des Mobilfunk-Standards GSM geknackt sei, [2][schrieb die Washington Post] in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf Unterlagen des Informanten Edward Snowden. Mit dieser Fähigkeit dürften auch die Gespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört worden sein.

Experten warnen schon seit langem, dass der Schutzmechanismus des vor allem in Europa verbreiteten GSM-Standards durchbrochen ist. Die Deutsche Telekom kündigte erst vor wenigen Tagen an, ihre Netze statt des ursprünglichen Verschlüsselungssystems A5/1 auf die als sicherer geltende Variante A5/3 umzustellen. Auch in den neuen schnellen UMTS-Datennetzen werden Sprachtelefonate oft noch über den GSM-Funk abgewickelt.

In welchem Ausmaß genau die NSA ihre Fähigkeit zum Abhören der Handy-Gespräche ausnutze, gehe aus Snowdens Unterlagen nicht hervor, schränkte die "Washington Post" ein. Experten warnten, dass der US-Geheimdienst wahrscheinlich auch neuere Varianten der Verschlüsselung knacken könne. Dies sei angesichts des größeren Aufwands aber vermutlich eher gezielt bei einzelnen Personen sinnvoll, denn auf breiter Front.

14 Dec 2013

LINKS

[1] http://www.nytimes.com/2013/12/13/world/americas/obama-panel-said-to-urge-nsa-curbs.html
[2] http://www.washingtonpost.com/business/technology/by-cracking-cellphone-code-nsa-has-capacity-for-decoding-private-conversations/2013/12/13/e119b598-612f-11e3-bf45-61f69f54fc5f_story.html

TAGS

NSA
Barack Obama
Keith Alexander
Überwachungsstaat
Geheimdienst
USAid
Schwerpunkt Überwachung
Barack Obama
Innenministerium
USA
NSA
Edward Snowden
Volkszählung
Edward Snowden
Keith Alexander
Datenschutz
NSA-Affäre
Schriftsteller

ARTIKEL ZUM THEMA

Debatte US-Regierung 2014: Jetzt muss sich Obama was trauen

Was bringt 2014 für Barack Obama? Für die Behauptung, der Präsident könne keine größeren Initiativen mehr starten, ist es jedenfalls viel zu früh.

E-Mails ans Innenministerium: Jetzt sogar verschlüsselt

Das Innenministerium empfiehlt seit Jahren E-Mails zu verschlüsseln – und hat sich selbst nicht dran gehalten. Jetzt macht es mit. Ein bisschen.

US-Gericht über NSA-Überwachung: Wahrscheinlich verfassungswidrig

Eine „willkürliche Invasion“: Erstmals hat ein US-Richter die NSA-Ausspähpraxis als verfassungswidrig eingestuft. Nun könnten viele weitere Urteile folgen.

Whistleblower Edward Snowden: NSA-Vertreter spricht von Amnestie

Ein NSA-Vertreter hat in einer amerikanischen TV-Sendung erklärt, er sei offen für eine Amnestie für Edward Snowden. Doch der US-Geheimdienstchef lehnt die Straffreiheit ab.

Edward Snowden bei der NSA: Spuren gut verwischt

Wie viele Dokumente Edward Snowden hat mitgehen lassen, wird wohl niemals aufgeklärt, berichtet die „New York Times“. Sein Rechner bei der NSA war schlicht zu alt.

Datenschützer über Selbstbestimmung: „Recht auf elektronisches Vergessen“

1983 stoppte das Verfassungsgericht die Volkszählung. Peter Wedde spricht darüber, was aus dem Recht auf informelle Selbstbestimmung geworden ist.

Pro & Contra zur „Person des Jahres“: Die Wahl zwischen oben und unten

Das US-Magazin „Time“ hat nicht Edward Snowden zur „Person des Jahres“ gekürt, sondern Papst Franziskus I. Eine gute Wahl?

NSA-Chef Keith Alexander: Der Mann hat seinen Job verstanden

Die NSA sammelt Daten und überwacht. Ihr Chef, Keith Alexander, findet das wenig überraschend richtig. Das sagte er vor dem Justizausschuss des US-Senats.

Urteil wider Überwachung: Kameras müssen aus bleiben

Göttinger Verwaltungsgericht urteilt: Polizisten dürfen auf friedlichen Demonstrationen nicht filmen.

Neue Enthüllung von Snowden: NSA nutzt Google-Cookies

Online-Werbekonzerne wie Google nutzen Cookies, um das Verhalten der Nutzer im Web nachzuverfolgen. Die NSA soll diese für ihre Überwachung nutzen.

Schriftsteller gegen Überwachung: Ein Who’s who gegen Ausspähung

Mit einem Aufruf fordern Intellektuelle, private Daten zu respektieren. Die Initiatoren wollen damit eine zivile Massenbewegung anstoßen.