taz.de -- Flüchtlingscamp in Kreuzberg: Poker um den Räumungsbeschluss

Vier Tage vor der wohl entscheidenden Senatssitzung legt sich die SPD-Seite im Senat nicht fest. Offen ist sogar, ob das Thema auf der Tagesordnung steht.
Bild: Wie lange wird es das Camp am Kreuzberger Oranienplatz noch geben?

Frank Henkels Roadmap war klar: Am 7. Januar, dem nächsten Dienstag, sollte der Senat dem CDU-Innensenator grünes Licht geben, das Flüchtlingslager auf dem Oranienplatz ab dem 18. Januar zu räumen – falls der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das nicht doch noch selbst erledigt. Von der CDU-Seite gibt es dafür breite Unterstützung. Der Koalitionspartner SPD hingegen hält sich weiter bedeckt. Dort hielt man es am Freitag auch für möglich, dass das Thema gar nicht auf die Tagesordnung kommt.

Die aus seiner Sicht rechtswidrige Besetzung des Platzes, die im Herbst 2012 begann, ärgert Henkel seit langem. Vor allem der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wirft er Untätigkeit und mehr oder minder offen auch Unfähigkeit vor. Selbst die Polizei in Gang setzen kann Henkel aber nicht, weil rechtlich der Bezirk zuständig ist. Das geht nur mit einer sogenannten Ersatzvornahme, die sich Henkel aber von seinen Senatskollegen genehmigen lassen muss. Nach einem solchen Beschluss hätte der Bezirk noch eine Zehn-Tage-Frist, selbst zu räumen. Bürgermeisterin Herrmann aber machte schon vor Wochen klar, dass das für sie nicht in Frage kommt.

Laut Innenverwaltung hat Henkel den entsprechenden Antrag am 20. Dezember bei der Senatskanzlei eingereicht. Sein Sprecher Stefan Sukale ging gegenüber der taz auch davon aus, dass das Thema am Dienstag entschieden wird. Bei den vier von der SPD gestellten Senatsmitgliedern aber, dem Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und den Senatoren Dilek Kolat, Ulrich Nußbaum und Michael Müller, gab es am Freitag keine Festlegung. Kolat-Sprecher Mathias Gille etwa verwies darauf, dass seiner Senatorin Henkels Antrag noch nicht vorliege, weshalb man dazu auch noch gar nichts sagen könne.

Kolat, in der Landesregierung für Integration zuständig, hatte vorgeschlagen, sich im Januar mit Henkel und Herrmann an einen Tisch zu setzen und zu vermitteln. Auch von ihr war zwar zu hören, das Zeltlager könne kein Dauerzustand sein. Eine Räumung per Polizei aber kommt für sie auf kurze Sicht offenbar nicht in Frage.

Henkel hatte ihr Vermittlungsangebot jüngst in der Berliner Zeitung abgelehnt. „Ich habe lange auf Dialog gesetzt, aber zum Dialog gehört Vertrauen“, sagte der Innensenator dem Blatt. „Dieses Vertrauen hat Frau Herrmann zerstört.“

3 Jan 2014

AUTOREN

Stefan Alberti

TAGS

Innensenator
Flüchtlingslager
Oranienplatz
Räumung
Oranienplatz
Asylsuchende
Frank Henkel

ARTIKEL ZUM THEMA

Flüchtlinge auf Berliner Oranienplatz: SPD sagt CDU-Räumungsplan ab

Noch im Januar wollte der Berliner Innensenator ein Flüchtlingscamp räumen. Nun sagt die SPD den Einsatz ab – und düpiert den CDU-Mann.

Kommentar zur abgesagten Räumung: Einmal ein harter Hund sein

Klaus Wowereit konnte gar nicht anders, als seinen Innensenator einzufangen: Die von Henkel angestrebte Räumung hätte in Berlin für Hamburger Zustände gesorgt.

O-Platz-Flüchtlinge und Weihnachten: Tofubraten mit Asylsuchenden

Bewohner des Flüchtlingscamps auf dem Oranienplatz sind an Weihnachten in WGs zu Gast. Andere bleiben in den Zelten und suchen vor allem eines: Ruhe.

Kreuzberg: Bezirk muss Camp prüfen

Gerichtsurteil nach Anwohnerklage wegen Beeinträchtigung durch das Flüchtlingscamp. Integrationssenatorin will künftig zwischen Bezirk und Senat vermitteln.

Flüchtlingscamp in Berlin: Der Innensenator ist gefragt

Frank Henkel will den Oranienplatz räumen lassen, wenn der Bezirk keine Lösung findet. Für die Unterstützer der Flüchtlinge macht er es sich damit zu einfach.

Flüchtlinge in Berlin: Nicht alle gesprächsbereit

Senat hat kein Interesse am runden Tisch der Caritas zur Asylpolitik. Linke wollen vor Henkels Amtssitz übernachten - für den Erhalt des Oranienplatz-Camp.