taz.de -- Neonazis mit Hipstertaschen: Braune Beutel

Neonazis trafen sich zum Trauermarsch in Magdeburg. Es leuchtet die neonfarbene Sonnenbrille, „Bitte nicht schubsen“, bittet ein Jutebeutel. Eine Bildanalyse.
Bild: Die Neonazis am Samstag in Magdeburg.

Tiefes Schwarz dominiert das Bild des Magdeburger Hauptbahnhofs. Eingefangen ist das Treffen [1][zum „Trauermarsch“], die Gestalten sind bis zur Unkenntlichkeit verhüllt. Der Duktus ist radikal, der Schwerpunkt der Szene rechts.

Die Figuren tragen zeitgenössische Accessoires. Die naturfarbene Tasche setzt den Hauptakzent im Bild – ein Jutesack mit dem Aufdruck: „Bitte nicht schubsen, ich hab einen Joghurt im Beutel“.

Der ironische Spruch stammt aus der Subkultur der Hipster. Deshalb taufen [2][andere Kritiker] die gezeigten Figuren „Nipster“, eine Wortverschmelzung aus Nazi und Hipster. In ihren Bildanalysen benutzen sie weitere Wortspiele wie die „Facism Week“ oder den „[3][Yolocaust]“. Doch diese Bewertung geht nicht tief genug.

Trotz der dominanten Farbe Schwarz zeigt das Foto die Vielfalt der Rechtsextremen. Jeder Horst kann Nazi werden, dazu braucht man keine Springerstiefel. Außerdem führt es die Verschiebung von Semantik vor, die auf zukünftigen Nazidemos zu erwarten ist: So erhält der beliebte Taschenspruch „The Whitest Beutel Alive“, der auf die Indieband [4][The Whitest Boy Alive] anspielt, eine völlig neue Ebene. Eine klare Positionierung wäre hingegen möglich mit dem Beutel: „Adolf, Heinrich & deine Mudda“.

20 Jan 2014

LINKS

[1] /Nazi-Aufmarsch-in-Magdeburg/!131272/
[2] http://www.facebook.com/photo.php?fbid=597414013663903&set=a.284258804979427.67444.171433662928609&
[3] /!128000/
[4] /!30684/

AUTOREN

Svenja Bednarczyk

TAGS

Schwerpunkt Neonazis
Hipster
Magdeburg
Mode
Schwerpunkt Neonazis
Hipster
Dresden
Magdeburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus

ARTIKEL ZUM THEMA

Diskriminierungsfreies Beleidigen: Nazis richtig beschimpfen

Der Pirat Daniel Schwerd schlug vor, Nazis als Judenschweine zu beschimpfen. Mies. Eine Anleitung zum diskriminierungsfreien Beleidigen.

Zehn Schritte zum „Nipster“: Hipster unterm Hakenkreuz

Unradikales Auftreten erleichtert es Nazis, Nachwuchs zu rekrutieren. Wie wird man hip? Eine Handreichung für die nationale Jugend.

Nazis wollen nicht mehr marschieren: Kapitulation in Dresden

Der braune Aufmarsch ist Geschichte. Aus Angst vor Blockaden melden die Nazis nur noch eine Kundgebung an – doch auch die ist fraglich.

Nazi-Aufmarsch in Magdeburg: „Auf Biegen und Brechen“

In Magdeburg konnten trotz breitem Protest Rechstextreme ihren „Trauermarsch“ ausrichten. Politiker machen die Polizei verantwortlich.

Naziaufmarsch in Magdeburg: Praxistraining mit Schlagstock

1.000 Neonazis, 10.000 Gegendemonstranten, 2.500 Polizisten: Magdeburg erwartet einen der größten Nazi-Aufmärsche Deutschlands.