taz.de -- Kommentar Polizei-Millionen: Pflaster auf der falschen Wunde

Der Polizei Hamburg fehlt das Geld für Beförderungen, weil in der Schill Ära Gesinnungsgenossen noch oben befördert wurden.
Bild: Vor, hinter, neben oder in der Nähe: Was genau am 28. Dezember an der Davidwache passierte, ist noch immer ungeklärt.

Die alleinregierende SPD – eigentlich Verfechterin einer Schuldenbremse – streift die Spendierhosen über: Zehn Millionen Euro aus dem klammen Haushalt stellt der Senat den unformierten Truppen zur Verfügung stellen. Da wittert mancher eine Belohnung für ein, gelinde gesagt: fragwürdiges polizeiliches Vorgehen in den vergangenen Wochen. Für das Gros der Polizisten ist die Zuwendung aber gerechtfertigt.

Haben doch viele von ihnen sich wochenlang den Arsch aufgerissen, um der Senatspolitik Geltung zu verschaffen: Erst wurden sie auf die Straße gehetzt, um die Lampedusa-Flüchtlinge aufzuspüren. Dann kam, abends, die Quittung: Als beinahe täglich gegen die als rassistisch empfundenen Kontrollen demonstriert wurde – beaufsichtigt von der Polizei.

An den Wochenenden mussten die Uniformierten auch noch ran: die Proteste der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer fernhalten von Weihnachtsmärkten und City-Adventsgeschäft. Und schließlich dann die Einsätze im Gefahrengebiet, das nicht nur weitere Überstunden bedeutete, sondern – Stichwort: Klobürsten-Hohn – zusätzlich an der Substanz kratzte.

Mit alldem haben die jetzt angekündigten Beförderungen nichts zu tun – höchstens insofern, als das Laufbahnverlaufsmodell gescheitert ist, das einst der unter seinem Amtsvorgänger in Ronald Schill an die Elbe geholte Innensenator Udo Nagel installierte. Heutzutage haben Beamte kaum noch die Möglichkeit, aufgrund von Qualifikation in der Hierarchie aufzusteigen, wenn es der Polizeiführung nicht passt.

Dafür gibt es in den Führungsetagen des Polizeisterns 120 hochrangige und gut dotierte Beamte: einerseits in der Schill-Ära aufs Karriere-Abstellgleis Geschobene, andererseits beförderte Schillianer selbst. Diese Zustände waren der Inhalt eines Brandbriefes, den im Jahr 2010 eine Gruppe Polizeiführer verfasste – geändert hat sich nichts.

Auch SPD-Innensenator Michael Neumann hat sich an die Strukturen nicht herangetraut. Stattdessen gibt es von Bürgermeister Olaf Scholz und dem Senat einmalig zehn Millionen als verspätetes Weihnachtsgeschenk – damit die Polizei nicht völlig aus dem Ruder läuft.

22 Jan 2014

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Kai von Appen

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