taz.de -- ADAC-Affäre: Renitente Auto-Lobbyisten
Der Druck aus der Politik nimmt zu. Aber ADAC-Boss Meyer will seinen Posten nicht räumen. Für Horst Seehofer ein klarer Fall von „Selbstüberschätzung“.
BERLIN taz | Das muss man sich erst einmal trauen: Trotz diverser Skandale denkt ADAC-Präsident Peter Meyer nicht an einen Rücktritt. „Als Präsident wurde ich im letzten Jahr mit großer Mehrheit bis 2017 wiedergewählt“, sagte Meyer der Bild am Sonntag. „Ich stehe zu meiner Verantwortung und werde die Vorkommnisse umfassend aufklären, damit das Vertrauen in den ADAC schnellstmöglich wiederhergestellt werden kann“, meinte der Chef des größten Autofahrerklubs Europas.
Der inzwischen zurückgetretene ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter hatte kürzlich gestanden, beim Autopreis „Gelber Engel“ die Leserwahl zum Lieblingsauto der Deutschen manipuliert zu haben. Der Preis wurde inzwischen abgeschafft. Am Freitag bestätigte der ADAC, dass mehrere Mitglieder des Präsidiums Rettungshubschrauber für Dienstflüge benutzt hatten. Zudem wurde ein Ambulanzflugzeug von einer ehemaligen Führungskraft privat benutzt, gestand Meyer ein. Dabei sei ein Familienmitglied des Managers bei einem Ambulanzflug mitgeflogen.
Allein der Vorfall um den gefälschten Autopreis würde in anderen Unternehmen oder Behörden den Chef zum Rücktritt zwingen. Denn offensichtlich ist: Hat der Chef – wie behauptet – von derartigen gravierenden Vorgängen keine Ahnung, hat er seinen Laden nicht im Griff und ist demzufolge nicht geeignet. Oder er hat es doch gewusst und mitgetragen – in diesem Fall ist er erst recht nicht haltbar. Und auch die Benutzung der Rettungshubschrauber durch Führungskräfte ist, selbst wenn es rechtlich in Ordnung gewesen sein sollte, moralisch sicher fragwürdig.
Mittlerweile nimmt auch der politische Druck auf den ADAC zu. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte Konsequenzen aus den Affären. „Alle Karten müssen auf den Tisch.“ Dem Magazin Focus sagte er, bei dem Verein habe sich „offenbar an einigen Stellen eine Tendenz zur Abgehobenheit und vielleicht sogar zur Selbstüberhöhung eingeschlichen“. Er warnte davor, dass „Macht, die nicht wirksam kontrolliert wird, früher oder später aus den Fugen gerät“.
CSU profitiert von ADAC-Schwächung
Seit Jahren befindet sich die CSU in einem Konflikt mit dem ADAC, der sich unlängst in München eine noble Zentrale errichten ließ. Die CSU fordert eine Mautvignette für deutsche Autobahnen, damit Fahrzeughalter aus dem Ausland in Deutschland für die Benutzung der Schnellstraßen zahlen müssen – so wie es deutsche Autofahrer etwa in der Schweiz, in Österreich oder Tschechien tun. Der bislang mächtige ADAC, der 18 Millionen Mitglieder hat, lehnt die Maut hingegen vehement ab. Insofern nützt die aktuelle Schwächung des Verbands der CSU, ihre Mautpläne durchzusetzen.
Kritik kommt auch aus den eigenen Reihen. „Das ist ein Problem, das aus München kommt und auch in München gelöst werden muss“, sagte der neue Landeschef des Automobilklubs in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Uwe Ilgenfritz-Donné.
26 Jan 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
ADAC-Präsident Meyer leitet auch den Regionalverband Nordrhein, und der machte Geschäfte mit einem anderen ADAC-Funktionär. Alles korrekt, meint der Club.
Den Chefs des Autoclubs bekam ihre Macht nicht. Ihr Missmanagement kann Bewegung in die Verkehrspolitik bringen, die sie bislang blockiert haben.
Pannenverein ADAC: Der Präsident des Autoclubs kann nicht ausschließen, dass die Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ weitergehend beeinflusst wurde.
Mit dem Ambulanzflugzeug in den Ägyptenurlaub und per Rettungsheli den Fußballrasen föhnen – dem ADAC-Skandal soll eine „grundlegende Reform“ folgen.
Ein dienstlicher Rettungshubschrauber brachte ADAC-Präsident Peter Meyer auch ins heimische Mülheim an der Ruhr.
Mitglieder des ADAC-Präsidiums haben Rettungshelikopter für Dienstreisen genutzt. Vor allem Peter Meyer, der Clubpräsident, reiste mehrfach auf diese Art.
ADAC-Präsident Peter Meyer lehnt einen Rücktritt von seinem Amt ab. Auch externe Prüfer sollen helfen, die Reputation des Autoclubs wiederherzustellen.
Wenn der ADAC die Umfrage zum „beliebtesten Auto“ fälscht, kündigen wir unsere Mitgliedschaft. Wir sagen zum Abschied leise „Brumm, brumm“.
Der ADAC-Geschäftsführer schiebt alle Schuld auf den früheren Kommunikationschef. Die Grünen halten dessen Abgang dagegen für ein Bauernopfer.
Der Automobilklub ADAC hat mit manipulierten Abstimmungszahlen sein Image stark beschädigt. Mehr Transparenz könnte die Folge sein.
Erst wurden die Vorwürfe vehement zurückgewiesen. Dann gestand Deutschlands größter Autoklub, bei der Wahl zum „Gelben Engel“ getrickst zu haben.