taz.de -- Erneuerbare-Energien-Gesetz: Keine Nettigkeiten von Herrn Gabriel

Der Entwurf für ein neues EEG hält an Kürzungen bei Wind und Sonne fest. Die energieintensive Industrie muss hingegen kaum bluten.
Bild: Etwa keine Sonne im Herzen? SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel stellt seinen Gesetzentwurf vor

BERLIN taz | Nein, falsche Erwartungen hatte Sigmar Gabriel nicht geweckt. „Ich bin nicht hier, um mit Ihnen nur Nettigkeiten auszutauschen“, sagte der SPD-Bundeswirtschaftsminister am Dienstagabend beim Neujahrsempfang des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE) vor über 1.000 Gästen. Dass er nicht vorhat, auf die Bedenken der Branche einzugehen, belegte am dann der erste Entwurf für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, [1][der der taz vorliegt].

Darin hält das Wirtschaftsministerium nicht nur an dem umstrittenen Deckel fest, mit dem der Ausbau von Windkraft an Land gebremst werden soll. Der Entwurf fällt sogar hinter einen Kompromiss zurück, der sich kürzlich nach einem Treffen von Gabriel mit den Umweltministern der Bundesländer angedeutet hatte.

Damals sah es so aus, als ob bei der Begrenzung des Zubaus neuer Windräder auf eine Leistung von 2.500 Megawatt im Jahr jene Anlagen gegengerechnet werden, die abgebaut werden, um sie durch leistungsstärkere zu ersetzen. Nun heißt es im Gesetzentwurf, die Zubauzahlen seien „brutto“ zu verstehen – also ohne entsprechenden Abzug.

In diesem Fall käme der Windkraft-Ausbau in wenigen Jahren völlig zum Erliegen, hatte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) vor kurzem gewarnt. Wenn der Zubau den Zielwert übersteigt, sinken die Vergütungszahlungen stark ab – bei einer Überschreitung von 800 Megawatt wären es 4,8 Prozent.

Keine Planungssicherheit

Die Windkraft-Branche hatte zuvor kritisiert, dass dadurch keine Planungssicherheit mehr gegeben wäre, weil ein Investor zu Beginn der Planungen nicht wisse, wie viel er am Ende der mehrjährigen Umsetzung für seinen Strom bekommt.

Festhalten will Gabriel daran, künftig den selbst verbrauchten Strom aus Photovoltaikanlagen mit mehr als 10 Kilowatt Leistung anteilig mit der EEG-Umlage zu belasten. Im Gegenzug für diese Schlechterstellung soll die Vergütung für den eingespeisten Strom geringfügig um 0,4 Cent pro Kilowattstunde erhöht werden. Der Bundesverband Solarwirtschaft findet das katastrophal: "Vor allem Gewerbebetriebe werden zu diesen Konditionen kaum noch Solaranlagen bauen, weil es zu lange dauert, bis sie sich amortisieren", sagte Geschäftsführer Carsten Körnig am Mittwoch.

Wenig konkret ist der Entwurf, der noch mit den anderen Ministerien abgestimmt werden muss, bei den künftigen Ausnahmen für die energieintensive Industrie. Diese ist bisher weitgehend von der EEG-Umlage befreit, mit der der Ausbau von Ökostrom-Anlagen finanziert wird. Die Ausnahmen, die von den übrigen Stromkunden bezahlt werden, machten im Jahr 2013 insgesamt 5,1 Milliarden Euro aus.

80 Prozent der Vergünstigungen bleiben

Konkrete Festlegungen enthält der Entwurf nur für Schienenbahnen, die bisher ebenfalls weitgehend von der Umlage befreit sind: Ab 2015 sollen sie 15 Prozent der Umlage bezahlen, bis 2018 soll dieser Wert auf 30 Prozent steigen. Im Gegenzug gelten die Ausnahmen künftig auch für kleinere Betreiber.

Für die übrigen Branchen sollen zunächst Verhandlungen mit der EU geführt werden, die die bisherigen Regelungen für wettbewerbsverzerrend hält; in der nächsten Woche trifft sich Gabriel zu dieser Frage mit EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Große Einschnitte müssen die Unternehmen aber wohl nicht fürchten. „Wenn wir es schaffen, da eine Milliarde rauszukriegen, wären wir schon außerordentlich gut“, sagte Gabriel am Dienstagabend. Mehr als 80 Prozent der Vergünstigungen blieben demnach bestehen.

Scharfe Kritik am Gesetzentwurf kam von Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag. „Durch die Vorschläge wird der Strompreis keinesfalls sinken“, erklärte er. Die Höhe der heutigen EEG-Umlage resultiere im Wesentlichen aus gesunkenen Börsenpreisen, ausufernden Industrieausnahmen und Kosten der Technologieentwicklung der Vergangenheit. „Doch all das geht die Bundesregierung mit ihrem Referentenentwurf nicht an“, sagte Krischer.

12 Feb 2014

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Malte Kreutzfeldt

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