taz.de -- Guardia Civil gegen Flüchtlinge: Gummigeschosse und Gasgranaten
Einen Einsatz gegen schwimmende Flüchtlinge habe es nie gegeben, sagt Spaniens Innenminister. Ein Video beweist das Gegenteil.
MADRID taz | [1][Ein Video] straft Spaniens Innenminister Jorge Fernandez Díaz Lügen. Die von einem Bürger in der spanischen Exklave Ceuta aufgenommene Bilder zeigen, wie die Grenzbeamten der Guardia Civil mit Gasgranaten und Gummigeschossen auf Immigranten schießen, die im Meer versuchen, von Marokko nach Spanien zu schwimmen.
„Auf, auf ihr Scheißkerle“, ruft einer der Schützen, bevor er anlegt und abdrückt. Anschließend feiert er mit drohend erhobener Faust. Die Aufnahmen stammen aus der Nacht zum 6. Februar, als mindestens 15 Immigranten beim Versuch nach Ceuta zu gelangen, ertranken. Innenminister Fernández Díaz hatte bis zuletzt geleugnet, dass die Polizei auf die Menschen im Wasser geschossen habe.
Zuerst erklärte der konservative Minister, die Polizei hätte keinerlei Gummigeschosse und Tränengas eingesetzt. Dann gab er zu, dass an Land wohl schon geschossen worden sei. Denn die Immigranten seien „mit bisher nicht gekannter Gewalt“ vorgegangen. Die Filmaufnahmen bestätigen dies jedoch nicht.
Schließlich kam Fernández Díaz nicht mehr darum herum, vor dem Parlament zu gestehen, die Grenzschützer hätten tatsächlich ins Wasser geschossen. Allerdings immer weit von den Schwimmenden entfernt, „um die Grenzlinie zu markieren“, die Marokko und Spanien trennt.
Sozialisten drohen mit Untersuchungsausschuss
Zu den Filmaufnahmen, die jetzt das Gegenteil beweisen, hat die Regierung bisher keine Stellung bezogen, obwohl nur wenige Stunden nach der Ausstrahlung durch einen Privatsender der Einsatz in Ceuta einmal mehr Thema im Parlament war. Die Abgeordneten stimmten über einen Antrag der Vereinigten Linken (IU) ab, mit dem Fernández Díaz zum Rücktritt gezwungen werden sollte. Die konservative Mehrheit stimmte dies nieder. Die Abgeordenten der sozialistischen PSOE enthielten sich der Stimme.
Die Sozialisten verlangen jetzt von der Regierung alle Mitschnitte der Kameras herauszugeben, mit denen die Grenze ständig überwacht wird. Sollte dies nicht binnen 24 Stunden geschehen, wollen sie einen Antrag auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss stellen.
Die Videoaufnahmen zeigen außerdem, wie die Immigranten, die trotz Beschuss den Weg an Land fanden, sofort nach Marokko zurückgebracht wurden. Dies ist nach dem gültigen Ausländergesetz nicht erlaubt. Die Regierung kündigte deshalb vor wenigen Tagen eine Gesetzesreform an, damit diese Praxis künftig legal ist.
21 Feb 2014
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Auch die Militarisierung der europäischen Außengrenzen kann sie nicht aufhalten: Erneut gelingt Hunderten die Flucht in die spanische Exklave Melilla.
Rund 1.600 Afrikaner haben versucht, die Grenzanlagen zwichen Marokko und der spanischen Enklave Ceuta zu überwinden. Polizisten drängten sie zurück.
Die spanische Regierung verbietet den Einsatz von Gummigeschossen an den Grenzen zu den Exklaven Ceuta und Melilla.
Rund 30.000 Menschen warten in Marokko darauf, in die EU zu gelangen. Einige Flüchtlinge haben nun den Grenzzaun der spanischen Exklave Melilla überwunden.
Das Flüchtlingsdrama bei Ceuta sorgt für innenpolitischen Wirbel in Spanien. Über das Wochenende wurden zwei weitere Leichen aus dem Meer gezogen.
Der Tod von 13 Flüchtlingen an der Grenze zur spanischen Exklave Ceuta geht offenbar auf einen überzogenen Polizeieinsatz zurück. Die Regierung sieht's anders.
Die spanische Guardia Civil schiebt Flüchtlinge aus der Exklave Mellila durch den Grenzzaun nach Marokko ab – darunter auch Verletzte.
Die Regierung in Madrid will ihre Befestigungsanlagen in Melilla und Ceuta verstärken. Flüchtlinge stürmen einen Grenzzaun, ein Afrikaner kommt ums Leben.