taz.de -- Edathy-Affäre im Innenausschuss: „Völlig überflüssig“

Auf Verlangen der Opposition tagt erneut der Innenausschuss. Neue Informationen sind rar, die Regierungsfraktionen genervt.
Bild: Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach.

BERLIN taz | Jörg Ziercke macht sich wenig Mühe zu verstecken, wie genervt er ist. „Ich hab nichts Neues“, grummelt der BKA-Chef, als er aus dem Saal des Innenausschusses eilt. Die Fragen der Journalisten weist er ab. Weg ist er.

Knapp zwei Stunden tagte der Innenausschuss des Bundestags am Freitag über die Edathy-Affäre – erneut. Denn bereits am Mittwoch gab es dazu eine ganztägige Sondersitzung. Der Opposition aber blieben zu viele offene Fragen.

Ziercke war auch am Mittwoch schon geladen. Hinter verschlossenen Türen wiederholt er nun, keine Fehler im Fall Edathy gemacht zu haben. Auch habe er alle Fragen schon beantwortet. Der BKA-Chef hatte im Oktober den damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) über die Ermittlungen gegen den SPD-Politiker informiert – der wiederum SPD-Chef Sigmar Gabriel einweihte. Die Frage bleibt, ob Edathy vor Ermittlungen gewarnt wurde.

Warum, fragt die Opposition, habe er nicht reagiert, als ihn wenig später der SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann anrief – und nun klar war, dass die Info über die Ermittlungen weit kursierte? Dazu sei er rechtlich nicht verpflichtet, soll Ziercke nur knapp geantwortet haben. Nichts Neues also.

Eingeschränkt informationsbereit

Die Koalition hatte in den Innenausschuss auch den Hannoveraner Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich geladen, Chefermittler gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie, ebenso wie die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne). Beide aber sagten ab: Wegen der laufenden Ermittlungen könne man derzeit nur eingeschränkt informieren. Niewisch-Lennartz bot aber an, am kommenden Mittwoch ihren Staatssekretär zu schicken.

Der CDU-Abgeordnete Thomas Strobl schimpft über das „Wegducken“. Den Ermittlern attestiert er ein „unbegreifliches Versagen“. Diese hätten wochenlang mit Durchsuchungen gewartet, obwohl sie wussten, dass Edathy informiert war. Auch CSU-Mann Stephan Mayer poltert, man werde sich „nicht abspeisen lassen“. „Wir bestehen darauf, dass die Justizministerin im Bundestag erscheint.“

Der Grüne Konstantin von Notz nennt die Kritik „Nebelkerzen“. Die Opposition wollte ursprünglich jemand ganz Anderes anhören: Ex-Innenminister Friedrich. Aber auch der sagte ab. Friedrich, sagt von Notz nach dem Ausschuss, müsse im Parlament endlich erklären, wie und warum er Gabriel einweihte und damit sein Dienstgeheimnis brach.

Krise abgehakt

Die Koalitionsfraktionen machen sich da bereits auf den Weg ins Wochenende. „Völlig überflüssig“ sei die Sitzung gewesen, sagt SPD-Innenexpertin Eva Högl. „Alle Fragen wurden bereits am Mittwoch zur vollsten Zufriedenheit beantwortet.“

Laut Teilnehmern stellen Union und SPD in der Sitzung keine einzige Frage. Ihre Botschaft: Politisch ist die Edathy-Krise auf Bundesebene abgehakt. Allenfalls wird jetzt ins rot-grüne Niedersachsen geschwenkt.

Nur die Grünen wollen da noch nicht mitziehen. „Es sind weiter Fragen offen“, sagt dort von Notz. Seine Fraktion werde „genau abwägen“, wie man weiter vorgehe. Die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss nimmt aber auch er nicht in den Mund. Vielleicht war's das tatsächlich.

21 Feb 2014

AUTOREN

Konrad Litschko

TAGS

Sebastian Edathy
Bundestag
Innenausschuss
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Bundestag
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Edathy

ARTIKEL ZUM THEMA

Edathy-Affäre: Friedrich verliert Immunität

Die Staatsanwaltschaft Berlin kann einem Zeitungsbericht zufolge mit den Ermittlungen gegen den früheren Innen- und Agrarminister Hans-Peter Friedrich beginnen.

Edathy will Ermittler loswerden: „Ein ungeheurer Vorgang“

Der Anwalt Edathys fordert die Ablösung der Staatsanwaltschaft: Die Ermittlungsakte sei an Journalisten weitergegeben worden.

Kommentar Immunität der Abgeordneten: Wenn aus Schutz Bedrohung wird

Im Fall Edathy wurde der Immunitätsausschuss nicht eingeschaltet. In einer gefestigten Demokratie ist ein Sonderschutz der Abgeordneten überholt.

Vorwürfe gegen BKA im Fall Edathy: „Kalkuliertes Staatsversagen“

Der ehemalige SPD-Abgeordnete Edathy wird sich diesen Montag zu den Kinderpornografie-Vorwürfen äußern. Die Kritik am BKA indes wird lauter.

Affäre um Sebastian Edathy: SPD-Politiker erhielt Morddrohungen

Mehrfach hätten sich Unbekannte telefonisch gemeldet, so Edathy gegenüber dem „Spiegel“. Deswegen bleibe er vorerst im Ausland. Die Linke fordert einen Sonderermittler.

Kommentar Edathy und Justiz: Im Zweifel für den Staatsanwalt

Verglichen mit der Arroganz Edathys und der Verlogenheit Oppermanns gibt die Justiz ein gutes Bild ab. Doch: Besser laufen könnte es natürlich immer.

Der Fall Edathy: Vorerst kein Untersuchungsausschuss

Und noch eine Sondersitzung: Am Freitag wird der Bundestag erneut zur Edathy-Affäre tagen. Mehr will die Opposition vorerst nicht.

Folgen der Edathy-Affäre: SPD und „Bild“ in trauter Eintracht

Volkes Stimme – die „Bild“ – fordert, Edathy das Übergangsgeld zu streichen. Seine Mutterpartei lässt sich nicht bitten und haut in dieselbe Kerbe.

Aufarbeitung der Edathy-Affäre: Keiner hat was falsch gemacht

Ob BKA-Chef Ziercke oder SPD-Fraktionschef Oppermann: Alle geben den Friedrich. Eigene Fehler kann niemand erkennen.