taz.de -- EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung: Nicht mit EU-Recht vereinbar
Die EU-Richtlinie zur Sicherung von Telefon- und Email-Informationen ist vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden. Die Richter fordern ihre Nachbesserung.
LUXEMBURG/BERLIN dpa | Der Europäische Gerichtshof hat das umstrittene EU-Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Die massenhafte Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten der Bürger ohne konkreten Anlass sei ein gravierender Eingriff in die Grundrechte der Bürger, [1][urteilten die Luxemburger Richter am Dienstag] (Rechtssachen C-293/12 und C-594/12). Dies verletze das Recht auf Datenschutz und Achtung des Privatlebens.
Die Vorratsdatenspeicherung soll bei der Aufklärung schwerer Verbrechen wie organisierter Kriminalität und Terrorismus helfen. Fahnder können auf die gesammelten Daten zugreifen.
Nach Ansicht der Luxemburger Richter beschränkt die EU-Richtlinie von 2006 das Datensammeln nicht auf das absolut notwendige Maß, weil sie für die Speicherfrist von bis zu zwei Jahren keine objektiven Kriterien festlegt.
Im Dezember war bereits ein Gutachter am Gerichtshof zu dem Schluss gekommen, die zugrundeliegende EU-Richtlinie sei „in vollem Umfang unvereinbar“ mit der Charta der Grundrechte und müsse nachgebessert werden. Geklagt hatten eine irische Bürgerrechtsorganisation, die Kärntner Landesregierung und mehrere Tausend Österreicher. Sie argumentieren, dass die Speicherung unverhältnismäßig sei und die Grundrechte auf Privatleben, Datenschutz und freie Meinungsäußerung verletze.
In Deutschland gibt es derzeit keine gesetzliche Regelung dazu. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutsche Regel 2010 gekippt. Die damalige schwarz-gelbe Regierung konnte sich danach nicht auf eine Neufassung einigen. Union und SPD wollen die Vorratsdatenspeicherung wohl trotz des Urteils wieder einführen.
8 Apr 2014
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