taz.de -- Gesunkene Fähre „Sewol“: Hinweise auf Überladung des Schiffs

Die südkoreanische „Sewol“ sank vemutlich wegen zu viel Ladung an Bord. Ein Mitarbeiter der Reederei muss sich dafür jetzt verantworten.
Bild: Die Behörden zählen bisher 226 Todesopfer und 76 Vermisste.

SEOUL dpa | Die südkoreanische Unglücksfähre „Sewol“ war möglicherweise vollkommen überladen, als sie sank. Die Ermittler beantragten Haftbefehl gegen einen Angestellten der Reederei, der für die Ladung des Schiffes verantwortlich war, wie Medien am Freitag berichteten. Auf die Frage, ob Überladung ein Grund für den Unfall gewesen sein könnte, habe der Mann vor Gericht im südlichen Mokop „Ja“ gesagt. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Ladung drei- bis viermal schwerer als die empfohlene maximale Ladekapazität war.

Die Fähre war am 16. April vor der Südwestküste mit 476 Menschen an Bord gekentert und gesunken. Die Zahl der geborgenen Todesopfer stieg am Freitag auf 226. Es wurden noch mehr als 76 Menschen vermisst. Der Kapitän und die anderen 14 leitenden Besatzungsmitglieder sitzen in Untersuchungshaft. Sie werden beschuldigt, nicht genug unternommen zu haben, um die Passagiere zu retten. Der Reederei Chonghaejin wird vorgeworfen, von dem Risiko gewusst zu haben, dass das Schiff durch frühere Umbauten weniger stabil gewesen sei. Das Unternehmen hatte das 20 Jahre alte Schiff umgebaut, um mehr Passagiere aufnehmen zu können.

Untersucht wird, ob die Fähre nicht nur überladen, sondern die Ladung auch schlecht gesichert war. Die Fähre könnte demnach Schlagseite bekommen haben, weil die Fracht verrutscht war. Das Schiff war den Ermittlern zufolge gekentert, als es den Kurs gewechselt hatte. Die Suche nach den Vermissten kam wegen der starken Gezeitenströmung auch am Freitag nur mühsam voran. Nach Angaben der Behörden wurden vier weitere Leichen aus dem Wrack und rund vier Kilometer vom Unglücksort entfernt die Leiche einer Passagierin geborgen.

70 Schüler, die die Katastrophe überlebt hatten, besuchten am Mittwoch einen Traueraltar in ihrer Schule in Ansan in der Nähe von Seoul. Dort nahmen sie von ihren Mitschülern und Lehrern Abschied, die bei dem Unglück ums Leben gekommen waren, wie der staatliche Sender Arirang berichtete. Die Familien der Opfer warfen Präsidentin Park Geun Hye vor, sich nicht aufrichtig nach der Katastrophe entschuldigt zu haben.

Park hatte sich bei der Bevölkerung für fehlerhaftes Krisenmanagement entschuldigt. Vertreter der Familien kritisierten, dass sie dafür ein Kabinettstreffen gewählt hatte. Eine „Entschuldigung hinter verschlossener Tür“ sei keine richtige Entschuldigung, hieß es laut Rundfunksender KBS in einer Erklärung.

2 May 2014

TAGS

Südkorea
Sewol
Schiffsunglück
Seoul
Park Geun Hye
Fähre
Fähre
Fähre
Sewol
Fähre
Fähre
Fähre
Fähre

ARTIKEL ZUM THEMA

Südkoreas Schiffskatastrophe: Ein Unglück mit System

Ein Jahr nach dem Untergang der Fähre „Sewol“ kämpfen Angehörige der 304 Toten weiter gegen politische Blockaden der Aufklärung.

Südkoreas Kommunalwahlen: Blaues Auge für Konservative

Nach der verheerenden Fährkatastrophe wird die Regierung von Präsidentin Park Geun-hye leicht abgestraft. Seouls Bürgermeister schafft die Wiederwahl.

Regierungskrise in Südkorea: Ahn will nicht regieren

Nach dem Fährunglück mit rund 300 Toten im April trat Südkoreas Ministerpräsident zurück. Nach öffentlicher Kritik winkt nun auch sein designierter Nachfolger ab.

Nach dem Untergang der „Sewol“: Ministerpräsident Chung tritt zurück

Der südkoreanische Regierungschef übernimmt die politische Verantwortung für das Krisenmanagement. Es werden noch immer über 100 Menschen vermisst.

Fährunglück in Südkorea: Geborgen werden nur noch Tote

Bei der Suche nach den rund 200 Vermissten gibt es kaum noch Hoffnung, Überlebende der Fähre Sewol zu finden. Die Unglücksursache ist weiter unklar.

Gesunkene Fähre in Südkorea: Präsidentin spricht von „Mord“

Nach dem Untergang der „Sewol“ erhebt Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye schwere Vorwürfe gegen die Besatzung. Sieben Crew-Mitglieder sind bisher in Haft.

Untergang der „Sewol“ vor Südkorea: Angehörige fordern Antworten

Immer mehr Opfer werden aus dem Wrack der gesunkenen Fähre vor Südkorea geborgen. Bei den Angehörigen schlägt die Trauer in Wut um. Ein Protestmarsch wurde gestoppt.

Gesunkene Fähre „Sewol“: Kapitän verzögerte Evakuierung

Die Strömung war stark, kein Rettungsboot in Sicht: Diese Gründe gab der Kapitän der „Sewol“ für eine aufgeschobene Evakuierung an. Die Suche nach Überlebenden dauert an.