taz.de -- Gesunkene Fähre in Südkorea: Präsidentin spricht von „Mord“

Nach dem Untergang der „Sewol“ erhebt Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye schwere Vorwürfe gegen die Besatzung. Sieben Crew-Mitglieder sind bisher in Haft.
Bild: Kaum mehr Hoffnung: Angehörige von vermissten Fährpassagieren warten an der Küste auf Neuigkeiten

SEOUL rtr/dpa | In Südkorea hat Präsidentin Park Geun Hye schwere Vorwürfe gegen führende Besatzungsmitglieder der Unglücksfähre erhoben. „Das Verhalten des Kapitäns und mancher Besatzungsmitglieder ist für den gesunden Menschenverstand unfassbar, und es war wie eine Mordtat, die nicht toleriert werden darf“, sagte Park der Nachrichtenagentur Yonhap zufolge am Montag vor Mitarbeitern ihres Stabs.

Park sagte, es sei zunehmend klar, dass der Kapitän Lee Joon Seok die Evakuierung des sinkenden Schiffes unnötig verzögert und die Passagiere dann „im Stich gelassen“ habe, als er das Schiff verließ. „Dies ist vollkommen unvorstellbar, rechtlich wie ethisch“, sagte Park. Sie kündigte an, dass das Verhalten aller Beteiligter, angefangen von den Eignern des Schiffs, über die Inspektoren bis hin zur Besatzung, untersucht werde, und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht würden.

Der 69-jährige Kapitän und sechs weitere Crew-Mitglieder befinden sich derzeit wegen des Verdachts auf gravierende Pflichtverletzungen in Haft. Darunter befinden sich die Dritte Offizierin, die zum Zeitpunkt des Unglücks am Steuer war, sowie zwei Erste Offiziere, ein Zweiter Offizier und ein Chefmaschinist. Augenzeugen zufolge haben der Kapitän und mehrere Crew-Mitglieder vor den Passagieren das sinkende Schiff verlassen.

Die Fähre „Sewol“ am Mittwoch vor der südkoreanischen Küste mit 476 Menschen an Bord – darunter 339 Schüler und ihre Lehrer – in Seenot geraten und untergegangen. 174 Menschen wurden gerettet. 64 Leichen wurden bislang geborgen. 238 Menschen werden noch vermisst. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass auch sie ums Leben kamen.

Am Sonntag veröffentlichte Aufzeichnungen des Funkverkehrs zwischen der Fähre und der Schifffahrtskontrolle zeigten, dass zur Zeit des Unglücks auf der Brücke Panik und Chaos herrschte.

21 Apr 2014

TAGS

Fähre
Südkorea
Sewol
Fähre
Fähre
Südkorea
Sewol
Fähre
Fähre
Fähre
Kapitän
Fähre

ARTIKEL ZUM THEMA

Südkoreas Schiffskatastrophe: Ein Unglück mit System

Ein Jahr nach dem Untergang der Fähre „Sewol“ kämpfen Angehörige der 304 Toten weiter gegen politische Blockaden der Aufklärung.

Südkoreas Kommunalwahlen: Blaues Auge für Konservative

Nach der verheerenden Fährkatastrophe wird die Regierung von Präsidentin Park Geun-hye leicht abgestraft. Seouls Bürgermeister schafft die Wiederwahl.

Gesunkene Fähre „Sewol“: Hinweise auf Überladung des Schiffs

Die südkoreanische „Sewol“ sank vemutlich wegen zu viel Ladung an Bord. Ein Mitarbeiter der Reederei muss sich dafür jetzt verantworten.

Nach dem Untergang der „Sewol“: Ministerpräsident Chung tritt zurück

Der südkoreanische Regierungschef übernimmt die politische Verantwortung für das Krisenmanagement. Es werden noch immer über 100 Menschen vermisst.

Fährunglück in Südkorea: Geborgen werden nur noch Tote

Bei der Suche nach den rund 200 Vermissten gibt es kaum noch Hoffnung, Überlebende der Fähre Sewol zu finden. Die Unglücksursache ist weiter unklar.

Untergang der „Sewol“ vor Südkorea: Angehörige fordern Antworten

Immer mehr Opfer werden aus dem Wrack der gesunkenen Fähre vor Südkorea geborgen. Bei den Angehörigen schlägt die Trauer in Wut um. Ein Protestmarsch wurde gestoppt.

Gesunkene Fähre „Sewol“: Kapitän verzögerte Evakuierung

Die Strömung war stark, kein Rettungsboot in Sicht: Diese Gründe gab der Kapitän der „Sewol“ für eine aufgeschobene Evakuierung an. Die Suche nach Überlebenden dauert an.

Untergang der „Sewol“: Kapitän war nicht auf der Brücke

Zum Zeitpunkt des Untergangs war nicht der Kapitän am Steuer, sondern die dritte Offizierin. Der Vize-Direktor der betroffenen Schule ist erhängt aufgefunden worden.

Fährunglück in Südkorea: Noch immer 287 Vermisste

Es gibt nur wenig Hoffnung auf Überlebende. Die Ursache des Unglücks ist unklar. Ein später Evakuierungsbefehl könnte die Zahl der Opfer erhöht haben.