taz.de -- Abstimmung in der Ostukraine: „Kriminelle Farce“

Donezk und Lugansk haben über die Schaffung „Souveräner Volksrepubliken“ abgestimmt. Fast 90 Prozent der Wähler stimmten dafür, melden die Separatisten.
Bild: Rund 75 Prozent der drei Millionen Wähler sollen mitgestimmt haben.

DONEZK ap | Bei den umstrittenen Referenden in der Ostukraine hat sich laut prorussischen Separatisten eine überwältigende Mehrheit für eine Eigenständigkeit der Region Donezk ausgesprochen. Fast 90 Prozent der Wähler hätten sich für die Schaffung einer sogenannten Souveränen Volksrepublik entschieden, sagte Wahlleiter Roman Ljagin. Aus der zweiten Region Lugansk lagen zunächst keine Angaben vor. Die Abstimmungen wurden von tödlichen Schüssen in der Stadt Krasnoarmejsk überschattet.

Laut Ljagin beteiligten sich in Donezk rund 75 Prozent der drei Millionen Wähler am Urnengang. Das vorläufige Ergebnis verkündete er nur zwei Stunden nach Schließung der Stimmlokale am Sonntagabend. In Abwesenheit internationaler Beobachter können die Angaben jedoch nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden.

Nach der Absetzung des prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch hat sich in der Ostukraine eine Rebellenbewegung formiert, die eine Loslösung von der neuen Zentralregierung in Kiew oder einen Anschluss an Russland anstrebt. Über den letztendlichen Status von Donezk und Lugansk wollten die Separatisten jedoch erst nach den Referenden entscheiden, sagte Wahlleiter Ljagin. „Wir sagen der Welt nur, dass wir Veränderungen wollen, wir wollen gehört werden.“

Das Außenministerium in Kiew kritisierte die zwei Referenden jedoch als „kriminelle Farce“. Auch die USA und andere westliche Länder sehen in den Abstimmungen eine Verletzung internationalen Rechts und wollen deren Ergebnisse nicht anerkennen. Zuletzt zeigte sich zudem Kremlchef Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt etwas versöhnlicher und rief die Organisatoren der Referenden zu einer Verschiebung auf, was diese jedoch ignorierten. Kiew wirft Russland vor, die Unruhen im Osten des Landes zu schüren, um eine Destabilisierung zu bewirken oder einen Einmarsch vorbereiten zu wollen.

Offenbar Tote am Abend

In Donezk und Lugansk blieb es während der Referenden weitgehend ruhig, doch am Abend eröffneten vor dem Rathaus in Krasnoarmejsk Mitglieder der ukrainischen Nationalgarde das Feuer auf eine Menschenmenge. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AP berichtete von zwei Menschen, die regungslos auf dem Boden lagen. Der Sprecher der prorussischen Aufständischen, Denis Puschilin, sagte laut der Nachrichtenagentur Itar-Tass, es habe mehrere Tote gegeben.

Nur wenige Stunden vor dem Zwischenfall hatten Dutzende Nationalgardisten die Stimmabgabe in dem Referendum vor dem Rathaus gestoppt. Krasnoarmejsk liegt rund 30 Kilometer von der Regionalhauptstadt Donezk entfernt.

Rund 6,5 Millionen Menschen leben in den Regionen, in denen am Sonntag abgestimmt wurde. In einer Schule in Donezk beobachteten AP-Reporter einen großen Andrang von Wählern in der ersten Stunde. Alle Stimmzettel in der durchsichtigen Wahlurne waren pro Autonomie angekreuzt. Vermutlich gingen Gegner des Referendums gar nicht erst zur Abstimmung.

Wähler in dem Stimmlokal wie die 65-jährige Lilija Bragina äußerten die Hoffnung, dass die Referenden die Lage stabilisierten und Frieden brächten. Die 25-jährige Darja - sie wollte ihren Nachnamen nicht nennen - sagte hingegen, sie sehe keinen Sinn in der Abstimmung, da diese kein rechtliches Gewicht habe.

Die offenbar auf dem Land unter organisatorischen Problemen anlaufenden Abstimmungen waren ähnlich der Volksabstimmung auf der Krim formuliert, die im März zur Sezession der Halbinsel und anschließenden Annexion durch Russland führte. In einem Dorf vor Donezk, Spartak, warteten stimmbereite Bewohner drei Stunden auf die Wahlurne. Schließlich wurde ein mit Klebeband verstärkter Pappkarton aufgestellt.

12 May 2014

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