taz.de -- Kommentar Bürgerkrieg Ostukraine: Kiew hat den Finger am Abzug
Die Bereitschaft, den Konflikt in der Ostukraine militärisch zu lösen, steigt in Kiew. Aber ein Überleben funktioniert nur miteinander.
Mit dem Tod des russischen Journalisten und Menschenrechtlers Andrej Mironow, der am Wahlwochenende zusammen mit seinem italienischen Kollegen Andrea Rocchelli in der Ostukraine im Kugelhagel sein Leben ließ, ist der Krieg in der Ukraine in eine neue Phase getreten. Mit dem Tod des Journalisten, der schon aus Tschetschenien über Anti-Terror-Operationen berichtete, ist Hoffnung auf ein baldiges Ende des ukrainischen Bürgerkrieges noch weiter in die Ferne gerückt.
In Kiew steigt die Bereitschaft, das Problem des Ostens ein für alle Mal militärisch zu lösen. Noch nie waren die politischen Voraussetzungen für einen Militärschlag gegen die Ostukraine so günstig wie jetzt. Hätte man vor der Wahl zu einer allgemeinen Mobilisierung aufgerufen, hätte man nicht wählen können. Denn mobilisiert werden kann nur bei Ausnahmerecht, was wiederum Wahlen nicht zulässt.
Nach den Wahlen vom Sonntag hindert nichts mehr Kiews Machthaber an der Ausrufung des Ausnahmezustandes, auch nicht die halbherzigen Beschwörungen europäischer Politiker, eine friedliche Lösung des Konfliktes sei wünschenswert. Nun liegt es an Brüssel, Rom, Berlin, Paris und Washington, die Kiewer Regierung kategorisch aufzufordern, die Anti-Terror-Operation zu beenden.
Moskau, das bisher mit seiner Politik „Einen Schritt zurück, zwei Schritte vor“ den Separatisten in die Hände spielte, muss aufgefordert werden, seine logistische und propagandistische Unterstützung für die Rebellen des Donbass zu beenden. Moskau und der Westen sollten endlich begreifen, dass alle gemeinsam in einem Boot sitzen. Überleben geht nur miteinander, nicht gegeneinander.
25 May 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Einst lebten sie in einem gemeinsamen Staat: die Menschen in der Ostslowakei und der Westukraine. In der Slowakei spielt das heute keine Rolle mehr.
Die Ausstellung „The Ukrainians“ in der DAAD-Galerie zeigt, dass die Putin-Invasion in der Ukraine eine lange Vorgeschichte hat.
Wahlsieger Poroschenko verweigert Gespräche mit gewaltbereiten Separatisten. Ukrainische Truppen versuchen, den Flughafen Donezk zurückzuerobern.
Nachwahlbefragungen sehen Petro Poroschenko bei über 55 Prozent der Stimmen. Bürgermeister von Kiew könnte offenbar Vitali Klitschko werden.
Am Tag der Präsidentschaftswahl in der Ukraine ist die Bevölkerung Odessas gespalten. Oberflächlich ist es ruhig, aber die Stimmung ist gereizt.
Am Sonntag bilden sich lange Schlangen vor den Wahllokalen in der Hauptstadt Kiew. Die Prognosen für den Oligarchen Petro Poroschenko sind gut.
„Die Balten wussten sofort, wohin sie gehören“, seufzt der IT-Spezialist Vitalie Cirhana. „Wir in Moldau wissen das nach 25 Jahren immer noch nicht.“
Die Einwohner der ukrainischen Hafenstadt Odessa sind stolz auf ihre Heimat, sie betonen ihr Anderssein. Und sie fürchten massiven Wahlbetrug.
Der Maidan war das Zentrum des Protestes in der Ukraine. Geblieben ist vor allem ein neuer Geschäftszweig. Verkauft werden nicht nur goldene Toiletten.
Am Sonntag entscheiden die Ukrainer, wem sie die Lösung der Probleme des Landes anvertrauen. In den Umfragen führt Petro Poroschenko.