taz.de -- Kamerun - Kroatien (Gruppe A): Bezwingbare Löwen
Das Team von Volker Finke kann nur eine Halbzeit lang mithalten. Nach einer roten Karte bricht Kamerun gegen Kroatien auseinander.
Die Startbedingungen: Beide Mannschaften haben ihr erstes Spiel verloren, hinterließen dabei aber einen sehr unterschiedlichen Eindruck. Kroatien begegnete Brasilien auf Augenhöhe und verlor unglücklich, die „Unbezwingbaren Löwen“ enttäuschten gegen Mexiko auf ganzer Linie. Die Personalsituation spricht ebenfalls für die Kroaten.
Luka Modrić meldete sich rechtzeitig fit, Mario Mandžukić kehrt nach seiner Sperre zurück. Auch Daniel Pranjić und der gebürtige Brasilianer Sammir rücken ins Team. Kameruns Trainer Volker Finke muss dagegen auf den angeschlagenen Samuel Eto'o verzichten. Für ihn beginnt der 22-Jährige Vincent Aboubakar. Joel Matip von Schalke 04 spielt diesmal von Beginn an. Durch das Unentschieden zwischen Brasilien und Mexiko ist klar: Wer verliert, ist raus.
Das Spiel: Kamerun beginnt im schwülen Manaus schwungvoller, doch gleich die erste vernünftige Aktion bringt Kroatien in Führung. Nach schöner direkter Kombination über die rechte Seite landet der Ball bei Perišić, dessen Querpass sein Wolfsburger Kollege Olić aus kurzer Distanz problemlos versenkt. Wenig später hat er nach einer Ecke die große Chance nachzulegen, scheitert jedoch freistehend an Itandje.
Kamerun ist weiter engagiert, doch ein Distanzschuss von Stephane Mbia bleibt die einzige erwähnenswerte Möglichkeit. Kurz vor der Halbzeit fliegt Kameruns Alex Song nach einer Tätlichkeit vom Platz. Nach der Pause hat Kroatien so leichtes Spiel. In der 48. Minute fängt Perišić einen missglückten Abstoß ab, läuft frei aufs Tor zu und schiebt ins kurze Eck. Der Rest ist lässige Trainingsspielerei, die Kameruner sind gebrochen. Mandžukić köpft eine Ecke ungehindert ins Tor (61.) und schiebt ein, nachdem ihm Itandje einen Distanzschuss vor der Füße legt (73.): Endstand 4:0.
Der entscheidende Moment: Der Platzverweis. Bis dahin agierte Kamerun trotz des Gegentreffers ordentlich, zuweilen fehlte nur der letzte Pass. Die Unterzahl führte schließlich zur Demontage, die durchaus noch heftiger hätte ausfallen können.
Spieler des Spiels: Mario Mandžukić. So unsicher seine Zukunft in München ist, so gewiss ist seine Wichtigkeit für das kroatische Team. Er brachte genau jene Komponenten ins Sturmzentrum, die gegen Brasilien schmerzlich vermisst wurden: Aggressivität, Wucht, Torgefahr, Kopfballstärke. War am 1:0 beteiligt und wirkte durch seine Provokationen am Platzverweis mit, traf in der zweiten Halbzeit zweimal in klassischer Mittelstürmermanier. Den Bayern wird’s gefallen.
Die Pfeife des Spiels: Alex Song. Der zentrale Spieler der Kameruner streckte bei einem Konter der Kroaten in der 40. Minute fernab des Balles Mario Mandžukić von hinten nieder – ein idiotisches Foul. Schiedsrichter Proença hatte beste Sicht und keine Wahl.
Die Schlussfolgerung: Die Afrikaner verabschieden sich desolat aus dem Turnier, Kroatien ist für den Showdown gegen Mexiko bestens gerüstet.
Und sonst? Assou-Ekotto verpasste kurz vor Schluss seinem Mannschaftskameraden Moukandjo einen Kopfstoß: die finale Versinnbildlichung eines auseinandergefallenen Teams. Brasilien, der abschließende Gegner, kann sich schon freuen. Immerhin ein Lichtblick: der Hosentausch zwischen Stephane Mbia und Ivan Rakitić nach Abpfiff.
19 Jun 2014
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