taz.de -- Kommentar Bundestag und EEG: Mehr Entmachtung war nie
Die Folgen der kurzfristigen Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz sind nicht voraussehbar. Mit einer eiligen Zustimmung entmachtet sich der Bundestag.
Sechs Monate sind vergangen, seitdem der Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als zentrales Vorhaben vorgestellt hat. Ganze sechs Stunden hatten die Bundestagsabgeordneten am Dienstag, um den 200-seitigen Gesetzentwurf zu lesen und zu bewerten: Am Vormittag wurden im Ministerium noch zahlreiche grundlegende Veränderungen eingebaut, am Nachmittag sollten die Parlamentarier bereits in Fraktions- und Ausschusssitzungen darüber abstimmen.
Diese Hektik ist unwürdig und diskreditiert das gesamte parlamentarische Verfahren. Denn eine fundierte Prüfung, wie sich die zahlreichen Änderungen auf den letzten Metern tatsächlich auswirken, kann in der kurzen Zeit gar nicht gelingen. Welche Folgen es haben kann, wenn Gesetze derart überstürzt verabschiedet werden, war bereits 2011 zu erleben: Damals hat der Bundestag nicht bemerkt, dass eine kleine Änderung im Text vielen Betrieben völlig ungerechtfertigte Vorzüge bei den Strom-Netzentgelten beschert hat – ein Vorgang, der später unter dem Namen „Mitternachtsparagraf“ für Aufregung sorgte.
Die Bundesregierung schiebt die Schuld für die chaotische Zeitplanung auf die EU, die dem Gesetz zustimmen muss und die kurzfristig neue Änderungen verlangt hat. Das stimmt aber nur zum Teil. Uneinigkeit innerhalb der Großen Koalition gab es auch unabhängig von den Wünschen der EU. Und zumindest eine Verschiebung um eine Woche wäre möglich.
Doch vermutlich ziehen Union und SPD das umstrittene Verfahren durch und ignorieren die Einwände der Opposition – die Mehrheit dafür haben sie schließlich. Indem es die neuen Gesetzesformulierungen der Regierung praktisch ungeprüft übernimmt, entmachtet sich das Parlament damit aber faktisch selbst.
25 Jun 2014
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