taz.de -- Flüchtlinge vor Australien in Seenot: Regierung hüllt sich in Schweigen
Die australische Regierung will Flüchtlinge abschrecken, die per Boot ins Land gelangen wollen. Bewusst verschweigt sie deshalb auch einen aktuellen Notfall.
CANBERRA dpa | Australiens Regierung schweigt über das Schicksal von mehr als 100 Flüchtlingen, die nach Medienberichten am Wochenende im Indischen Ozean in Seenot gerieten. Ein Schiff der australischen Zollbehörde habe das Boot mit 153 Tamilen aus Sri Lanka an Bord aufgebracht, berichtete der Sender ABC am Montag. Nach weiteren Medienberichten würden die Menschen in Auffanglager in Nachbarländer gebracht. Einwanderungsminister Scott Morrison wollte das nicht bestätigen.
Auch zu einem zweiten Boot mit 50 Menschen an Bord, das der Zoll abgefangen haben soll, äußerte sich Morrison nicht. „Ich werde nichts tun oder sagen, was unsere seit sechs Monaten erfolgreichen Anstrengungen untergräbt, Menschenschmuggler zu stoppen“, sagte er dem Sender Macquarie Radio.
Australische Reporter hatten am Samstag alarmierende Hilferufe erhalten. Die Anrufer meldeten sich nach eigenen Angaben über Satellitentelefon von einem Boot aus. Sie seien rund 300 Kilometer westlich der zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel im Indischen Ozean in Seenot geraten. An Bord seien 37 Kinder.
In den vergangenen Jahren sind Tausende Flüchtlinge vor allem aus dem Nahen Osten mit oft kaum seetüchtigen Booten in australische Gewässer gefahren. Mehrfach sind Dutzende Menschen ertrunken. Viele Boote mussten von der australischen Marine gerettet werden.
Die konservative Regierung fährt seit Amtsantritt im September aber eine kompromisslose Linie. Die Küstenwache hat Boote schon mehrfach zur Umkehr gezwungen, oft nach Indonesien, wo viele Schlepperbanden tätig sind.
Flüchtlinge, die es an Land schaffen, werden in die Auffanglager gebracht, die Australien etwa in Papua-Neuguinea oder im mikronesischen Nauru betreibt. Selbst bei Anerkennung als Flüchtling sollen sie nur dort – nicht aber in Australien – ein Aufenthaltsrecht erhalten. Die australische Regierung bezahlt die Nachbarländer für die Aufnahme.
30 Jun 2014
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