taz.de -- Kommentar tote israelische Jugendliche: Israel provoziert dritte Intifada

Die palästinensische Führung hat ebenso wie die Bevölkerung bislang deeskaliert. Jetzt muss auch die israelische Regierung zur Vernunft kommen.
Bild: Premierminister Netanjahu muss jetzt die Mörder bestrafen, nicht die Palästinenser.

Die erschütternde Nachricht vom Tod der drei jungen Israelis lässt den Ruf lautwerden, dass jetzt auch auf der anderen Seite Blut fließen muss. Das ist verständlich, doch so funktioniert ein Rechtsstaat nicht.

Die Führung der islamistischen Hamas zu eliminieren, schlug der national-religilöse Wirtschaftsminister Naftali Bennett vor. Von einer Neubesatzung des Gazastreifens ist die Rede. Schon landen erneut Bomben in dem dichtbesiedelten Küstenstreifen. Schon gibt es einen ersten Toten in Jenin. Doch hier werden die Falschen bestraft.

18 Tage lang suchte die Armee nach den Vermissten. Die palästinensische Führung verhielt sich die gesamte Zeit lang genau so, wie Israel es sich gewünscht hatte. Überall dort, wo die Soldaten ihr Kommen ankündigten, um Verhaftungen und Razzien vorzunehmen, räumte die palästinensische Polizei zuvor das Feld und ließ sie gewähren.

In Hebron, in Ramallah und in den Flüchtlingslagern, wo laut Abkommen der palästinensische Sicherheitsapparat für Ruhe und Ordnung zu sorgen hat, hielten auch die Menschen fast immer still. Die Palästinenser wollen keine Dritte Intifada. Sie sollten nicht dazu gezwungen werden.

Es gilt, die Mörder zu finden und zu bestrafen. Niemanden sonst. Wenn die massive Suchoperation nicht zu Eskalationen führte, wäre es nur absurd, wenn es jetzt noch dazu käme.

Keine Rakete kann die drei Teenager wieder lebendig machen. Kein Panzer kann garantieren, dass von den jungen Talmudstudenten, die auch in Zukunft weiter per Anhalter durch das besetzte Westjordanland reisen, nicht bald erneut einer entführt und ermordet werden wird.

Bis zur Stunde ist unklar, ob die beiden Palästinenser, die Israel für verantwortlich hält, im Auftrag der Hamas handelten. Die Führung der Islamisten in Gaza streitet jede Beteiligung ab. Eine klare Distanzierung von dem Gewaltakt ist jetzt dringend, will die Hamas Israels Armee den Boden für Vergeltungsschläge entziehen.

1 Jul 2014

AUTOREN

Susanne Knaul

TAGS

Israel
Hamas
Entführung
Gaza
Palästinenser
Jugendliche
Israel
Benjamin Netanjahu
Jerusalem
Israel
Israel
Israel
Gaza

ARTIKEL ZUM THEMA

Mord an israelischen Jugendlichen: Die private Tragödie und die Nation

Israel instrumentalisiert individuelles Leid für eigene Zwecke. Das macht die Trauer um die ermordeten Teenager perfide scheinheilig.

Reaktion auf Mord an Jugendlichen: Israel greift Gazastreifen an

Die israelische Luftwaffe hat am frühen Donnerstagmorgen dutzende Ziele im Gazastreifen angegriffen. Präsident Netanjahu berief sein Sicherheitskabinett ein.

Mord an jugendlichem Palästinenser: Straßenschlachten in Jerusalem

Die Leiche eines arabischen Jugendlichen sorgt für neue Unruhen zwischen Israelis und Palästinensern in Israels Hauptstadt. Die Polizei prüft, ob der Mord Racheakt ist.

Hamas-Vertraute über Mord an Teenagern: „Nein, ich empfinde kein Bedauern“

Mitleid mit den Ermordeten hat die palästinensische Regierungsmitarbeiterin Isra Almodallal nicht. Dass aber die Hamas hinter dem Verbrechen steht, bezweifelt sie.

Entführte israelische Teenager: Schüler tot aufgefunden

Die drei verschleppten Jungen sind ermordet worden. Sie wurden südlich von Bethlehem gefunden. Israel fliegt Angriffe auf Ziele im Gazastreifen.

Entführte israelische Jugendliche: Beten für die Freilassung

Bei einer Protestaktion haben Israelis Appelle an die Kidnapper der drei Talmudschüler gerichtet. Sie waren Mitte Juni im Westjordanland verschleppt worden.

Israel und Gaza: Luftangriffe auf die Hamas

Seit Freitag gab es mehrere Zusammenstöße zwischen palästinensischen und israelischen Kräften. Dabei wurden in Gaza zwei Menschen getötet.