taz.de -- Untersuchungsausschuss Fall Edathy: Aufklärer wider Willen

Der Untersuchungsausschuss nimmt die Arbeit auf. Die SPD hält ihn für überflüssig. Ob Edathy selbst überhaupt erscheint, ist offen.
Bild: Findet ihre neue Aufgabe überflüssig: Eva Högl.

BERLIN taz | Die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Edathy-Affäre klingt, als hätte sie eigentlich Besseres zu tun: „Wir sind der Ansicht, dass wir diesen Ausschuss nicht gebraucht hätten“, sagt die SPD-Politikerin Eva Högl, wenige Stunden bevor das Gremium seine Arbeit aufnimmt. Sie erwarte „keine Überraschungen und keine neuen Erkenntnisse“. Auch ihr Fraktionskollege Uli Grötsch, der als SPD-Obmann zur Aufklärung beitragen soll, wirkt mäßig motiviert: „Als SPD sind wir der Meinung, dass es keine offenen Fragen mehr gibt.“

Das bestreitet die Opposition, auf deren Druck der Ausschuss am Mittwochabend startet. Schließlich folgte den ersten Kindernacktfoto-Razzien beim ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy eine Affäre, die wochenlang die Große Koalition in Atem hielt. Der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) trat zurück, die Posten von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann und BKA-Chef Jörg Ziercke wackelten.

Grüne und Linksfraktion sehen bis heute zentrale Fragen ungeklärt. In vier Sitzungen des Innenausschusses habe sie vier unterschiedliche Versionen des Geschehens gehört, kritisiert die Grünen-Obfrau Irene Mihalic. Es müsse geklärt werden, warum das BKA zwei Jahre brauchte, um dem brisanten Verdacht gegen Edathy nachzugehen.

Außerdem sei immer noch unklar, ob der SPD-Mann vor den Ermittlungen gewarnt wurde. Diese Frage, hofft die Grünen-Abgeordnete, könnte Edathy selbst als Zeuge vor dem Ausschuss beantworten. Allerdings ist offen, ob er überhaupt kommt – und in welchem Umfang er sich als Beschuldigter auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft.

Während die Opposition ihren Informationsbedarf in nur sechs bis acht Sitzungen decken will, rechnet die SPD mit einem Arbeitsprogramm von bis zu einem Jahr – „ein Untersuchungsausschuss“, warnt die Vorsitzende Högl, sei „ein Tanker und kein Schnellboot“. Erste Beweisanträge will der achtköpfige Ausschuss noch diese Woche beschließen, damit nach der Sommerpause die Akten vorliegen.

Die Union stellte sich zum Auftakt schützend vor das BKA. Er werde keine „Verunglimpfung“ der Behörde durch die Opposition zulassen, kündigte der CDU-Obmann Armin Schuster an. Linke und Grüne dürften dort nicht ihre Allergien gegen Sicherheitsbehörden ausleben. Eine Befürchtung, die selbst der Vorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten beim BKA, Andy Neumann, spontan zurückwies. Schließlich schicken nicht nur CDU und SPD, sondern auch Grüne und Linksfraktion mit Irene Mihalic und Frank Tempel zwei ehemalige Polizisten in den Ausschuss.

2 Jul 2014

AUTOREN

Astrid Geisler

TAGS

Sebastian Edathy
Untersuchungsausschuss
SPD
Jörg Ziercke
Hans-Peter Friedrich
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Grüne
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy

ARTIKEL ZUM THEMA

Neuer Chef im Bundeskriminalamt: Der Spitzenpolizist

Holger Münch hat sich als Bremer Polizeipräsident den Ruf erarbeitet, krisenfest zu sein. Jetzt wird er neuer BKA-Leiter.

Informationsweitergabe im Fall Edathy: Keine Anklage gegen Friedrich

Ex-Innenminister Friedrich hatte SPD-Chef Gabriel vor den anstehenden Ermittlungen im Fall Edathy gewarnt. Das war illegal, aber eine Anklage wird es nicht geben.

Kinderporno-Affäre: Edathy wird angeklagt

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy. Er soll auch Kinderpornos heruntergeladen haben.

SPD nach Edathy und Hartmann: Kopflos in die Sommerpause

Zwei der profiliertesten Innenpolitiker werden verdächtigt, kriminell zu sein. Die Fälle Edathy und Hartmann beschädigen das Image der SPD.

Start U-Ausschuss Fall Edathy: Für Zeugen gilt Wahrheitspflicht

Lange zögerte die Opposition, dann berief sie den Untersuchungsausschuss ein: Der soll ab Mittwoch den Fall möglichst bald neu aufrollen.

Untersuchungsausschuss zu Edathy: Die Bundestagscops

Grüne und Linke schicken Fachleute, um Fehler des BKA im Fall Edathy zu klären: Die Expolizisten Irene Mihalic und Frank Tempel. Ist das ein Vorteil?

Opposition einigt sich: Untersuchungsausschuss für Edathy

Grüne und Linke einigen sich auf einen Antrag, um im Bundestag die Affäre aufzuklären. Anfang Juni soll's losgehen, auch Edathy soll kommen.

Kommentar Immunität und Durchsuchung: Edathys Nebenkriegsschauplatz

Die Durchsuchung bei Sebastian Edathy erfolgte wohl verfrüht, das ist aber nicht entscheidend. Es geht um die Frage des Anfangsverdachts.

Staatsanwaltschaft Hannover: Edathy-Vorwürfe zurückgewiesen

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat Vorwürfe Sebastian Edathys zurückgewiesen, dessen Immunität missachtet zu haben. Man habe auf rechtsstaatlichem Wege gehandelt.