taz.de -- WM-Kolumne Ordem e Progresso: Der unangenehme Gast

Die Party in Brasilien könnte so schön sein, gäbe es nicht die regelwütige Fifa. Am Ende verdient sie einen Tritt in den Hintern.
Bild: Bitte hinter der Absperrung bleiben und die Party nicht stören: Fifa-Präsident Sepp Blatter.

Bei kleinen wie großen Festen gibt es immer einen Gastgeber und seine Gäste. Dann feiern alle gemeinsam, amüsieren sich, tratschen oder gehen früher verärgert nach Hause. Meist gibt es noch diejenigen, die alles organisiert haben, die die Handarbeit machen und nicht mitfeiern dürfen. So auch bei der Fußballweltmeisterschaft – mit einem Unterschied. Da ist noch jemand, der weder mitfeiert, noch richtig arbeitet, und doch bis zum Schluss bleibt: die Fifa.

Eine eigenartige Gestalt. Zwar immer festlich gekleidet, aber niemand will mit ihr reden. Gastgeber Brasilien ist von ihr zutiefst genervt. Als sie pampig dem Land „einen Tritt in den Hintern“ verpassen wollte, wurde sie fast ausgewiesen. Auch die Besucher wollen von ihr nichts wissen, schlimm genug, dass sie dabei ist. Sie ist auch nie zu sehen, die Funktionäre halten sich immer im Hintergrund, denn sie wissen, dass sie unbeliebt sind, oder gar verhasst. Von allen, die Spaß an der Party haben. Oder fast allen, denn einige sind auf sie angewiesen, müssen mit ihr verhandeln und ihre Regeln respektieren.

Mächtig ist diese Gestalt schon, denn keiner traut sich, sie nach Hause zu schicken, egal wie arrogant sie auftritt. Statt dessen diktiert die Fifa die Regeln, dem Gastgeber drückt sie sogar Gesetze auf, die der Verfassung zuwiderlaufen. Vielleicht hat das Party-Volk nur Angst, das Fest würde ausbleiben, wenn die Fifa nicht dabei wäre.

Schließlich ist sicher, dass sich keiner der Funktionäre unaufgefordert an einen Tisch setzt, sie nerven also nicht beim Small Talk. Sie haben Besseres zu tun: Ihre Gewinne zu zählen, denn für sie ist in den kommenden vier Jahren Party angesagt, wenn der vierwöchige und auch immer etwas riskante Rummel vorbei ist und sie wieder inkognito dem Leben im Luxus frönen können.

Manchmal wirkt es wie eine Geiselnahme. Alle wollen Spaß am Fußball haben, aber zusammenkommen dürfen sie nur, wenn sie der Fifa Tribut zollen. Unfair, aber kein richtiges Verbrechen. Denn wenn Gewalt von Nöten ist, um die Party auch standesgemäß zu organisieren, übernimmt der Gastgeber diese Rolle. In Brasilien richtig inbrünstig, denn es ist ja eine Party, bei der die ganze Welt dabei ist.

Also ist diese Gestalt recht schlau, seit Jahrzehnten läuft alles nach Plan, und das Murren der Gäste und Zaungäste hält nie lange an. Warum dann doch diese Patzer? Polizei und Presse behaupten, [1][einige Funktionäre hätten illegal Extragewinne eingeheimst], indem sie die eigenen Tickets überteuert verscherbelt hätten. Noch teurer und nicht legal – die Klage macht doch gar keinen Sinn, wenn von der Fifa die Rede ist. Nichts ist schlimmer, als wenn erst ausschweifend gefeiert wird und dann plötzlich die Nörgelei beginnt, dass irgendwas an der Party nicht stimmte. Oder ist es nur eine kleine Rache des Gastgebers? Da sowieso niemand die Fifa mag, ist der Applaus sicher, wenn man ihr am Ende den Tritt in den Hintern zurück gibt.

12 Jul 2014

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Andreas Behn

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