taz.de -- Nach dem Abschuss von Flug MH17: BKA-Experten reisen in die Ukraine

Fachleute des Bundeskriminalamts wollen in der Ukraine Absturzopfer bergen und identifizieren. Indes wirft London Moskau vor, zu wenig zur Aufklärung beizutragen.
Bild: Nach dem Absturz am Donnerstag sind noch immer nicht alle Toten geborgen

BERLIN dpa/rtr | Zwei Fachleute des Bundeskriminalamtes (BKA) sind am Samstag zur Bergung und Identifizierung der Absturzopfer in die Ukraine gereist. Ein BKA-Sprecher sagte am Samstag, die Mitglieder der Identifizierungskommission seiner Behörde seien von Deutschland aus nach Kiew geflogen.

Dort wollten sich die Deutschen mit einem größeren Team von Identifizierungsexperten aus den Niederlanden und voraussichtlich auch aus der Ukraine treffen und die Vorgehensweise besprechen. Die Lage sei recht unübersichtlich. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden. Bei dem vermutlichen Abschuss der Passagiermaschine der Malaysian Airlines über der Ostukraine waren fast 300 Menschen gestorben, darunter auch vier Deutsche.

Indes ist Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erneut der vollständige Zugang zur Absturzstelle verwehrt worden. Bewaffnete Separatisten behinderten die Arbeit der etwa 20 OSZE-Vertreter, wie ein Sprecher am Samstag mitteilte. Die Gruppe habe jedoch zumindest mehr Bewegungsfreiheit als am Vortag bekommen. Am Freitag konnten sich die Beobachter lediglich etwa 70 Minuten lang an der Absturzstelle aufhalten.

Die OSZE-Mitarbeiter hätten beobachtet, wie Leichen der 298 ums Leben gekommenen Passagiere des Flugs MH17 von Unbekannten in Plastiksäcke gepackt und an den Straßenrand geräumt wurden, sagte der Sprecher weiter. Erklärungen dafür erhielten die OSZE-Vertreter nicht. Das gesamte Absturzgebiet sei nach wie vor scharf bewacht. „Wir wurden von Schwerbewaffneten streng beobachtet und mussten uns vorsichtig bewegen“, sagte der Sprecher.

Die britische Regierung warf Russland vor, zu wenig zur Aufklärung beizutragen. „Wir bekommen nicht genug Unterstützung von den Russen“, sagte der neue Außenminister Philip Hammond am Samstag. Russland nutze seinen Einfluss auf die Separatisten nicht ausreichend, um sie dazu zu bringen, die Absturzstelle zugänglich zu machen. Die USA gehen davon aus, dass prorussische Rebellen die Boeing der Malaysia Airlines abgeschossen haben.

„Die Augen der Welt werden auf Russland schauen um zu sehen, ob es seinen Verpflichtungen in den kommenden Stunden gerecht wird“, sagte Hammond. Er kündigte an, den russischen Botschafter in London ins Außenministerium einzuberufen, um ihm diese Ansicht mitzuteilen. Unter den fast 300 Menschen, die bei dem Absturz starben, waren zehn Briten.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor am Samstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert und sich für eine rasche internationale Aufklärung des Absturzes eines malaysischen Verkehrsflugzeuges mit 298 Toten im Osten der Ukraine ausgesprochen. Die Kanzlerin und der russische Präsident hätten darin übereingestimmt, dass eine Kommission unter Leitung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) „rasch Zugang zur Absturzstelle“ der Maschine der Malaysia Airlines (MH 17) erhalten müsse, „um die Umstände des Absturzes zu klären und die Opfer zu bergen“, erklärte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin.

19 Jul 2014

TAGS

Russland
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
BKA
Separatismus
Flug MH17
Ukraine
Flug MH17
Flug MH17
Flug MH17
Ukraine
Malaysia Airlines
Malaysia Airlines
Ukraine

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar abgeschossenes Flugzeug: Eine Bankrotterklärung des Westens

Die Separatisten in der Ukraine sabotieren die Untersuchung des Abschusses. Der Westen reagiert mit Appellen. Doch er muss endlich handeln.

Nach Flugzeugabsturz in der Ukraine: Unwürdiger Umgang mit den Toten

Prorussische Separatisten behindern den Zugang zu den Leichen. OSZE-Beobachter und Flugexperten sollen die Hintergründe aufklären.

Kommentar Abgeschossenes Flugzeug: Russland muss aufklären

Für Schuldzuweisungen ist es wohl nie zu früh. Dabei braucht es eine rückhaltlose und neutrale Aufklärung, für die Kiew und Moskau in der Pflicht stehen.

Abgeschossene Malaysia-Airlines-Maschine: 196 Leichen an unbekanntem Ort

Konfusion an der Absturzstelle von Flug MH17: Die Separatisten sollen die Rettungskräfte gezwungen haben, die bisher geborgenen Toten an sie zu übergeben.

Flugzeugabschuss über der Ukraine: Der letzte Flug von MH17

Am Donnerstag um 16.20 Uhr Ortszeit verschwand die Passagiermaschine vom Radar. Wenig später meldeten die Separatisten einen Flugzeugabschuss.

Niederlande nach dem Flugzeugabsturz: „Was für ein Horror“

Nach dem Flugzeugabsturz in der Ukraine trauern die Niederländer um die Opfer. Noch am Freitag sollen Experten zur Absturzstelle reisen.

Kommentar Flugzeugabschuss Ukraine: Ein politischer Brandherd

Der Flugzeugabschuss in der Ostukraine ist der schwerste Terrorakt der jüngeren europäischen Geschichte. Der Konflikt wird damit brandgefährlich.

Abgestürztes Flugzeug in der Ukraine: Viele Aids-Experten unter den Opfern

Etwa 100 Passagiere des Flugzeugs waren auf dem Weg zur Welt-Aids-Konferenz. Auch der Ex-Chef der International Aids Society kam ums Leben.