taz.de -- Kommentar Familienpolitik-Studie: Betreuungsgeld spaltet

Eine Studie zeigt, dass die „Herdprämie“ Ungerechtigkeit verstärkt. Und sie zeigt, wie Fakten von politischen Parteien im eigenen Sinne ausgelegt werden.
Bild: Klischees helfen nicht weiter: Frau mit Säugling.

Es ist keine überraschende Nachricht, aber doch eine bedeutende, die ForscherInnen jetzt bekannt gegeben haben: Das Betreuungsgeld trägt mit dazu bei, dass sich dieses Land weiter spaltet in Arm und Reich, in Gebildete und Ungebildete, in Aufsteiger und Absteiger. Unzählige Studien und unzählige Experten hatten vor der „Herdprämie“ heftig gewarnt, bevor sie im Sommer des vergangenen Jahres eingeführt wurde.

Die KritikerInnen stützten sich unter anderem auf Erfahrungen aus den skandinavischen Ländern, wo es ähnliche Sozialleistungen schon länger und mit ähnlichen Ergebnissen gibt. Vor allem migrantische und bildungsferne Familien entscheiden sich für ein bisschen mehr Geld und gegen Bildung für ihre Kinder.

Möglicherweise fühlen sich jetzt jene bestätigt, die schon immer meinten, dass manche Eltern Hartz IV, Kindergeld und eben auch die „Herdprämie“ versaufen und darüber ihre Kinder vergessen. Klischeedenken wie dieses bringt die Debatte um soziale Ausgrenzung allerdings nicht weiter. Vor allem ändert es nichts an der Tatsache, dass ein familienpolitisches Instrument, das positiv wirken sollte, genau das Gegenteil produziert.

Was wirklich gebraucht wird, sind echte Bildungsangebote: keine läppischen 150 Euro im Monat, sondern genügend und kostengünstige Kitas sowie Anlaufstellen für Eltern, die Hilfe brauchen. Dort, wo es so etwas heute schon gibt, beantragen auch weniger Familien Betreuungsgeld.

Und noch etwas zeigt die Meldung exemplarisch: Wie Fakten im eigenen Sinne ausgelegt werden können. In diesem Fall sogar konträr: Während die Opposition sich in ihrer Kritik an der „Herdprämie“ bestätigt fühlt, erkennt die CSU darin eine „Erfolgsgeschichte“. Ein Zeichen dafür, dass es häufiger um Selbstdarstellung geht und seltener um die Betroffenen.

27 Jul 2014

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Simone Schmollack

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