taz.de -- Bürgerentscheid über Seilbahn-Bau in Hamburg: Der Luftweg bleibt ausgeschlossen

Der Plan, eine Seilbahn quer über den Hamburger Hafen zu bauen, ist vom Tisch. Bei einem Bürgerentscheid sprechen sich fast zwei Drittel dagegen aus.
Bild: Am Ende setzten sich die Gegner des Seilbahn-Baus durch.

HAMBURG taz | Die BewohnerInnen des Hamburger Bezirks Mitte wollen keine Seilbahn. Der Bürgerentscheid, mit dem bis zum vergangenen Sonntag darüber abgestimmt werden konnte, ob eine Gondelbahn von St. Pauli quer über den Hafen führen sollte, lieferte ein klares Ergebnis: Bei einer Wahlbeteiligung von 25 Prozent waren nur 36 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Seilbahn, 63 Prozent dagegen. Damit wird das Vorhaben der Firmen Doppelmayr und Stage Entertainment, die die Seilbahn bauen, betreiben und bezahlen wollten, nicht umgesetzt.

Den Bürgerentscheid in Auftrag gegeben hatte die Initiative „Ja zur Seilbahn“, nachdem die Bezirksversammlung Mitte sich bereits zweimal gegen das Vorhaben ausgesprochen hatte. Das erste Mal hatte der Bezirk im Juni 2013 dagegen gestimmt. Daraufhin sammelte die Initiative genug Unterschriften für ein Bürgerbegehren, dem die Bezirksversammlung erneut nicht zustimmte. So kam es zum Bürgerentscheid auf Bezirksebene.

Die Kampagne für die Seilbahn war von Hamburger Tourismusunternehmen finanziert worden. Als bekannt wurde, dass die drei InitiatorInnen des Bürgerentscheids Thomas Magold, Joachim Strateschulte und Herlind Gundelach (CDU) ihre Gelder über Umwege von den Unternehmen erhielten, die die Seilbahn betreiben und von ihr profitieren wollten, hatte es Kritik gegeben.

Einer der drei InitiatorInnen, Thomas Magold, ist der ehemalige Vorsitzende des Toursimusverbands Hamburg, in dem unter anderem die Firma Stage Entertainment sitzt. Diese wiederum betreibt die Musicals, zu denen die Seilbahn führen sollte. Der Firmensitz der Bürgerinitiative war außerdem identisch mit dem des Tourismusverbandes.

Auf der Gegnerseite stand die Initiative „Keine Seilbahn über unsere Köpfe“, die ohne große Gelder auskommen musste und deren Mitglieder ehrenamtlich Informationsveranstaltungen organisiert und Plakate und Flyer gegen das Projekt verteilt hatten.

Während die GegnerInnen ihren Sieg am Mittwoch auf dem Spielbudenplatz in St. Pauli feierten, wurde das Ergebnis neben der Handelskammer vor allem von den Firmen Stage Entertainment und Doppelmayr bedauert. Es sei schade, dass sie es nicht geschafft hätten, die HamburgerInnen von ihrem „innovativen Projekt zu begeistern“, sagte deren Pressesprecher.

Vor einem Monat waren die beiden Unternehmen ins Zwielicht geraten, als sie dem Bezirk Mitte ein „Geschenk“ von zehn Millionen Euro in Aussicht gestellt hatten – allerdings nur im Falle eines Bürgerentscheids zugunsten der Seilbahn. Der Bezirk lehnte das Angebot ab.

Die Initiative gegen die Seilbahn freut sich nicht nur über den „Sieg für die Demokratie“, als den sie das Ergebnis einstuft. Laut Klas Rühling, einem Sprecher der Initiative, der auch im gentrifizierungskritischen Netzwerk Recht auf Stadt aktiv ist, zeigt das Votum, dass „einfache BürgerInnen ohne viel Geld im Hintergrund gegen Konzerne und Lobbyverbände gewinnen können“. In einem größeren Kontext bewertet er das Ergebnis als „klares Signal für die Bewahrung des öffentlichen Raums und gegen die Totalverwertung“. Letztlich stehe hinter einem solchen Entscheid die Frage: „Wem gehört die Stadt?“

Auch die Mehrheit der Bezirksversammlung ist mit dem Ergebnis zufrieden. Arik Willner von der SPD-Fraktion, begrüßte die Ablehnung der Seilbahn, deren Nutzen für die Stadt „von Anfang an gleich null“ gewesen sei. Auch die Grünen sprachen von einer „klugen Entscheidung der BürgerInnen in Mitte“. Fraktionschef Michael Osterburg: „Es hat sich auch gezeigt, dass ein Bürgerentscheid nicht mit teuren Kampagnen gewonnen wird, sondern durch überzeugende Vorschläge und Argumente.“

An dem Bürgerentscheid war bemängelt worden, dass viele HamburgerInnen, die sich von der geplanten Seilbahn beeinträchtigt fühlten, nicht abstimmen durften. So hätten BewohnerInnen des Bezirks Altona die Seilbahn zwar direkt in ihrem Sichtfeld gehabt, für die Abstimmung wohnten sie jedoch im falschen Bezirk.

27 Aug 2014

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