taz.de -- Kommentar Migranten bei der Polizei: Gefährliche Monokultur

Gut ausgebildete Jugendliche aus Einwandererfamilien wollen nicht in die Sicherheitsbehörden oder in die Medien. Sie wollen Geld verdienen.
Bild: Dabei kann Polizist sein so viel Spaß machen

Mehr Beamte mit Migrationshintergrund bei Polizei und Verfassungsschutz – das war mal eine der zentralen Forderungen, die der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSU-Affäre in seinem Abschlussbericht erhoben hat. Parteiübergreifend war sich der Ausschuss vor einem Jahr darin einig, dass die Voreingenommenheit der Beamten, welche fast unisono die Angehörigen der NSU-Opfer verdächtigten und die rechtsextreme Gefahr dramatisch unterschätzten, auch der Monokultur in ihren Behörden geschuldet war.

Doch passiert ist seitdem wenig. Noch immer finden sich bei Polizei und Verfassungsschutz kaum Mitarbeitende aus Zuwandererfamilien, jedenfalls deutlich weniger als im Durchschnitt der Bevölkerung. Das ist fatal. Denn nur, wenn sich in den Sicherheitsbehörden die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt, bleiben diese in der Lage, die Risiken und Gefahren richtig einzuschätzen, die dieser Gesellschaft drohen. Journalisten sollten es sich aber nicht so einfach machen und nur mit dem Finger auf die Behörden zeigen. Denn in den Redaktionen deutscher Zeitungen und TV-Sender sieht es nicht viel besser aus. Mitarbeitende mit Migrationshintergrund sind auch hier rar gesät.

Weist man darauf hin, klagen Verleger gern, es gebe einfach zu wenig qualifizierte Bewerber mit Migrationshintergrund für den Job. Ähnlich argumentieren auch Polizei und Polizeigewerkschaften.

Dass vielen gut ausgebildeten Jugendlichen aus Einwanderfamilien eine Karriere bei den Sicherheitsbehörden oder in den Medien nicht attraktiv erscheint, ist Teil des Problems. Sie streben, als Bildungsaufsteiger, lieber in Berufe, die mehr Geld und Prestige versprechen. Ändern kann man das nur, wenn man sich noch mehr als bisher um diese Menschen bemüht.

9 Sep 2014

AUTOREN

Daniel Bax

TAGS

Schwerpunkt Rassismus
Polizei
Migration
Integration
Migration
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus

ARTIKEL ZUM THEMA

Enkel über einmillionsten „Gastarbeiter“: „Stolz auf die alten Emigranten“

Antonio Eduardo de Sá erinnert sich seines Großvaters. Der Portugiese kam vor 50 Jahren als einmillionster „Gastarbeiter“ – und kriegte ein Moped.

Debatte Bewahrung von Kulturen: Vermischt euch!

Die Sehnsucht nach „unverfälschter Kultur“ ist über politische Lager und soziale Milieus hinweg beliebt. Das ist aber ein gefährlicher Irrglaube.

Rassismus-Skandal in Polizeiklasse: „Ausländerschlampe“ und schlimmer

In NRW beschimpft ein angehender Polizist eine Kommilitonin rassistisch. Nun wird auch gegen andere aus der Klasse ermittelt, die mitmachten.

Migranten im öffentlichen Dienst: Aus dem NSU-Desaster nichts gelernt

Die Integrationsbeauftragte Özoguz kritisiert die Polizei und den Verfassungsschutz. Denn sie haben kaum Mitarbeiter mit Migrationshintergrund.

Proteste in Ferguson gegen Polizeigewalt: Beamter vom Dienst suspendiert

Ein US-Polizist hatte sich auf Facebook abfällig über die Demonstranten geäußert. Deshalb muss er gehen. Für den Todesschützen wird reichlich gespendet.

Grüne über Rassismus bei der Polizei: „Eine mangelnde Kritikkultur“

Kontrollieren Polizisten Migranten öfter und anders als Deutsche? Nicht unbedingt, sagt die frühere Polizistin Irene Mihalic, heute Sprecherin der Grünen.

Rassismus in New Yorker Polizeieinheit: Die üblichen Verdächtigen

Die New Yorker Polizei gibt eine Einheit zur Überwachung von Muslimen auf. Die Ausspähung hatte die Muslime unter einen ständigen Terrorverdacht gestellt.