taz.de -- Prozess gegen Paralympicsstar Pistorius: Mord ausgeschlossen
Die Urteilsverkündung im Prozess gegen Oscar Pistorius zieht sich hin. Nach dem ersten Tag ist klar: Er hat seine Freundin nicht vorsätzlich getötet.
BERLIN taz | Der Paralympicsstar Oscar Pistorius ist am Donnerstag von einem südafrikanischen Gericht von der Anklage des vorsätzlichen Mordes freigesprochen worden. Richterin Thokozile Masipa erklärte in ihrer Urteilsverlesung im Obersten Gericht in Pretoria, der Leichtathletikstar habe seine 29-jährige Freundin Reeva Steenkamp im Februar vergangenen Jahres nicht vorsätzlich erschossen: „Es liegen zu wenig Beweise vor, um die Anklage des Staates wegen eines geplanten Mordes ohne Zweifel aufrecht zu erhalten.“
Das sei jedoch nicht das Ende der Angelegenheit, denn Totschlag sei ein angebrachtes Urteil, deutete die Richterin an. Sie will das Urteil am heutigen Freitag verkünden. „Für einen vorsätzlichen Mord gibt es einfach nicht genug Fakten“, sagte Masipa. Kurz darauf sackte der 27-jährige einstige Star der südafrikanischen Sportwelt weinend im Gerichtsaal in sich zusammen.
Der als „blade runner“ in Südafrika verehrte Behindertensportler hatte am Valentinstag 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp in seinem Luxuswohnhaus in Pretoria nachts mit vier Schüssen durch die verschlossene Badezimmertür getötet. Richterin Masipa hinterfragte jetzt im Gericht am Donnerstag, warum Pistorius in der Schicksalsnacht vier Schüsse abfeuerte. Sie erklärte, der Anklagte sei nicht ehrlich im Gericht gewesen. Was viele Menschen in Südafrika während des monatelangen Gerichtsprozesses empfanden, drückte Masipa so aus: „Er war ein schlechter Zeuge und hat sich mehrfach widersprochen.“
Häufig habe Pistorius sich im Gericht sehr emotional gezeigt, im Kreuzverhör nicht richtig zugehört, als er im Zeugenstand nach den näheren Umständen seiner Tat vom Staatsanwalt befragt wurde. Einige Angaben in seinen Schilderungen zum Tathergang in der Mordnacht hätten keinen Sinn ergeben.
Oscar Pistorius hatte zu seiner Verteidigung erklärt, er habe sich bedroht gefühlt und damals geglaubt, er schieße auf einen Einbrecher.
Die Richterin zeigte Verständnis für die Aussage, dass sich jemand in seiner Situation als Beinamputierter unsicher und bedroht gefühlt habe. Sie geht aber in ihrer Urteilsbegründung davon aus, Pistorius sei mental in der Lage gewesen, zwischen „richtig“ und „falsch“ in dem Moment der schrecklichen Tat zu entscheiden. Das Strafmaß soll jetzt am Freitag verkündet werden.
11 Sep 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Fall des südafrikansichen Sportlers Oscar Pistorius wird erneut verhandelt. Statt fahrlässiger Tötung, droht ihm nun eine Verurteilung wegen Mordes.
Fünf Jahre Haft für Oscar Pistorius wegen fahrlässiger Tötung an seiner Freundin, bei guter Führung ein früher Anspruch auf Hausarrest: zu wenig, findet die Anklage.
Der südafrikanische Sportler Oscar Pistorius ist zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Noch im Gerichtssaal wurde er in Haft genommen.
Nicht wegen Mordes, aber wegen fahrlässiger Tötung hat das Gericht den Sportler Oscar Pistorius verurteilt. Das Strafmaß steht noch aus.
Der Sportler Oscar Pistorius ist wegen der Erschießung seiner Freundin der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen worden. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Eine Verurteilung wegen Mordes kommt für den Verteidiger von Oscar Pistorius nicht infrage. Seine Argumentation zielt auf die Behinderung seines Mandanten.
Der Mordprozess gegen den Behindertensportler geht zu Ende. Die Staatsanwaltschaft wirft Oscar Pistorius und seiner Verteidigung vor, wiederholt gelogen zu haben.
Der Sprinter Oscar Pistorius war Südafrikas „golden boy“ – dann erschoss er seine Freundin durch die Badezimmertür. Nun geht der Prozess zu Ende.
Es kommt Bewegung in den Pistorius-Prozess. Laut Gutachten leidet der Sportler nicht an einer psychischen Erkrankung. Nun droht eine lebenslängliche Haftstrafe.