taz.de -- Kommentar Terrormiliz IS: Unser Nebenkriegsschauplatz
Das Vordringen des „Islamischen Staates“ in Irak und Syrien destabilisiert auch die Nachbarländer: allen voran die Türkei.
Der Bürgerkrieg in Syrien destabilisiert die Nachbarländer. Auch die Türkei droht in den Mahlstrom der Kämpfe dort zu geraten.
Lange hat Ankara – mit Billigung des Westens – ein Auge zugedrückt, während Waffen und Kämpfer über die Grenzen nach Syrien gesickert sind. Denn als erklärter Hauptfeind des Westens und der Türkei galt bis vor einem Jahr noch der syrische Diktator Assad. Nun, wo Assad angesichts der Gräueltaten der IS-Milizen für den Westen zum kleineren Übel herabgesunken ist, folgt auch Ankara diesem Kurswechsel.
Dieser Schwenk aber könnte das Land zerreißen, der Funke des syrischen Bürgerkriegs auf die Türkei überspringen. Gefahr droht von türkischen Sympathisanten des „Islamischen Staats“, die sich gegen die Türkei wenden könnten. Aber auch von der PKK, die Ankara misstraut und im Kampf gegen die IS-Milizen eine Führungsrolle beansprucht.
Mit ihrem neuen Selbstbewusstsein hat die PKK jetzt den Friedensprozess mit der Türkei aufgekündigt. Erstmals hat ihr bewaffneter Arm dort am Freitag wieder einen Anschlag verübt. Das zeigt, wie verantwortungslos das Gequatsche mancher Politiker und Journalisten hierzulande war, die die PKK schon großzügig zum offiziellen Partner im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ aufwerten wollten, ohne sich zu fragen, welche Folgen das für die Türkei haben würde.
Wenn Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen möchte, dann muss es mehr tun, als nur Waffenexporte und Bombardements in Weltgegenden zu unterstützen, von denen es offenkundig nicht viel versteht. Es muss auf die PKK und die Türkei einwirken, an ihrem Friedensprozess festzuhalten. Und es muss helfen, eine Strategie für Syrien zu finden, die beide zufriedenstellt – die Kurden und die Türkei.
29 Sep 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die türkische Regierung will militärisch gegen IS in Syrien vorgehen. Doch der Kampf gegen den Terrorismus belastet schon jetzt den Friedensprozess mit der PKK.
An drei Fronten wollen kurdische Kämpfer die IS-Miliz zurückdrängen. Die veröffentlicht ein neues Propagandavideo und zerstört Kulturschätze.
Syrische Kurden bringen ihre Familien in Sicherheit auf die türkische Seite – und kehren zurück, um gegen die IS-Miliz zu kämpfen.
Auch in der Nacht zu Samstag wurden wieder IS-Stellungen bombardiert. Drei weitere europäische Staaten werden ebenfalls Kampfflugzeuge gegen die Islamisten einsetzen.
Die USA und ihre Verbündeten haben syrische Ölraffinerien bombardiert. In New York trafen sich der britische Premier Cameron und Irans Präsident Ruhani.
Während Steinmeier ein stärkeres Engagement in der Region ablehnt, geht die PKK den umgekehrten Weg. Sie ruft ihre Anhänger zu den Waffen.