taz.de -- Ebola-Tagebuch - Folge 19: Mit Antibiotika nach Hause geschickt
Erstmals erkrankt in den USA ein Mann an Ebola. Er steckte sich in Liberia an. Die Gesundheitsbehörden sind offensichtlich vollkommen überfordert.
NEW YORK taz | Vor dem zweistöckigen Haus im Stadtteil Vickery Meadow im Nordosten von Dallas stehen rund um die Uhr Polizeiwagen. PolizistInnen passen auf, dass vier Personen aus dem ersten Stock nicht aus ihrer Wohnung herauskommen. Und dass ReporterInnen und andere nicht hineingehen. Mehrfach täglich kommen Amtspersonen. Sie kärchern vor dem Haus, bringen Essen und messen die Temperaturen der Frau und der drei Jugendlichen in der Wohnung.
Bis zum 20. Oktober sollen sie in Quarantäne bleiben. Dann wird sich zeigen, ob auch sie an Ebola erkrankt sind – so wie Thomas Duncan, der vom 20. September bis vergangenen Samstag hier gelebt hatte. Der Liberianer kämpft mittlerweile um sein Leben. Nach Angaben seiner Familie ist er inzwischen zu schwach, kann nicht sprechen.
Der Umgang mit Tomas Duncan zeigt, wie wenig die US-amerikanischen Gesundheitsbehörden trotz gegenteiliger Ankündigungen auf einen Ebola-Ernstfall eingestellt sind. Fünf Tage nach seiner Ankunft in den USA hatte der Anfang 40-Jährige verschiedene Symptome von Ebola entwickelt, darunter Fieber, Schwitzen und Bauchschmerzen. Die Bekannte in Dallas, bei der er wohnte, brachte ihn ins benachbarte Texas Health Presbyterian Hospital und erwähnte dort zweimal, dass er gerade aus Westafrika eingeflogen sei. Doch das Klinikpersonal schickte ihn mit Antibiotika zurück nach Hause.
Erst zwei Tage später, nachdem sich das Befinden des Patienten dramatisch verschlechtert hatte, brachte ihn ein Krankenwagen zurück. Beim Transport musste sich der Patient auf dem Parkplatz der Wohnanlage erbrechen.
Selbst nach seiner Einweisung reagierten die Behörden gegenüber den NachbarInnen und den Schulkindern, mit denen Duncan in Kontakt gekommen war, so schleppend, dass ein Neffe des Patienten beim CDC (Center for Disease Control) anrief, um für ein schnelles Eingreifen zugunsten seines Onkels und zugunsten aller Personen zu sorgen, die mit ihm in Kontakt gekommen waren.
Am Donnerstag erklärte der Direktor des CDC, dass gegenwärtig 100 Personen unter Beobachtung stünden, darunter mehrere Schulkinder, die direkten Kontakt zu Duncan hatten.
Duncan ist der erste Patient, bei dem die Krankheit erst in den USA diagnostiziert wurde. Bei seiner Ausreise aus Liberia hatte der Fieberdetektor am Flughafen nichts angezeigt. Und auf die Frage, ob er mit Ebolakranken in Kontakt war, hat er mit Nein geantwortet. Inzwischen ist bekannt, dass er kurz vor seiner Abreise versucht hatte, eine hochschwangere Nachbarin in Monrovia in ein Krankenhaus zu bringen. Als sie dort abgewiesen wurde, trug er sie zurück in ihre Wohnung, wo sie starb.
5 Oct 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Sierra Leones Hauptstadt Freetown treten die Ebola-Bestatterteams in den Ausstand – wegen ungezahlter Prämien. Ihr Job ist schwierig.
In Spanien hat sich erstmals eine Person an einer anderen angesteckt. Die Kürzungen im Gesundheitswesen spielten dabei eine Rolle.
In Spanien hat sich eine Pflegehelferin mit Ebola infiziert. Die Gesundheitsbehörden schließen weitere Fälle nicht aus – die Wahrscheinlichkeit sei aber gering.
Ebola breitet sich weiter rasant aus. Jetzt schlägt auch noch das mit Ebola verwandte Marburg-Virus in seinem Ursprungsland Uganda wieder zu.
Die Todeszahlen steigen schneller, die Hilfe hält mit der Epidemie nicht Schritt. Das liegt auch an den betroffenen Regierungen und der Bürokratie.
Der Mann hatte sich in Sierra Leone angesteckt und wird auf der Isolierstation der Universitätsklinik behandelt. In Liberia ist ein Kameramann eines US-Senders erkrankt.
Die Epidemie in Liberia ist schwer zu bekämpfen, weil sie die Traumata des Bürgerkrieges wiederbelebt. Und weil zu wenig Hilfe von außen kommt.
Ein Afrikaveteran des Auswärtigen Amtes kehrt zurück – als xter internationaler Ebola-Beauftragter. Mehrere Bundesländer verfügen Abschiebestopps.
In Guineas „Waldregion“, wo die Ebola-Epidemie begann, verursacht sie Spannungen. Dabei gibt es auch Todesopfer unter Ärzten und Helfern.
Das UN-Welternährungsprogramm nutzt die neue UN-Ebola-Luftbrücke aus Senegal. Sonst fliegt fast noch niemand.
Ein Mitarbeiter der höchsten Gesundheitsbeamtin Liberias stirbt an Ebola. Es ist nicht der erste Regierungsangestellte, der der Seuche zum Opfer fällt.
In Nigeria wird der Sieg über Ebola verkündet, selbst die Schulen sollen wieder öffnen. Aber nicht alle trauen der guten Nachricht.