taz.de -- Kommentar EZB-Bankencheck: Stresstest bringt's nicht
Der schlimmste Fall, eine Mischung aus Deflation und Rezession, wurde beim Stresstest nicht untersucht. Und genau das schafft wenig Vertrauen.
Die Eurokrise war vor allem eine Bankenkrise. Irland und Spanien wurden von Pleitebanken in den Abgrund gerissen, auch Deutschland hatte mit Commerzbank & Co. massive Probleme. Damit die Steuerzahler nicht erneut zur Kasse gebeten werden müssen, hat die Europäische Zentralbank die Geldinstitute nun einem „Stresstest“ unterworfen.
Und siehe da: Die Lage ist gar nicht so ernst, wie befürchtet. Zwar sind 25 von 130 getesteten Großbanken schlecht für eine neue Wirtschaftskrise gerüstet – das ist fast jede fünfte. Doch 12 Durchfaller haben ihr Eigenkapital noch während des Tests ausreichend gestärkt.
Und die übrigen 13 Wackelkandidaten müssen „nur“ noch zehn Milliarden Euro aufnehmen, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Das dürfte machbar sein. Deutschland ist schon jetzt fein raus, da die Münchener Hypothekenbank – der einzige deutsche Durchfaller – sein Kapital aufgestockt hat. Die Lücke sei geschlossen, behauptet die Bundesbank.
Ist die Eurokrise also überstanden, droht von den Banken keine Gefahr mehr? Dieser Schluss wäre verfrüht. Denn zum einen ist unklar, wie die Finanzmärkte auf das Ergebnis des Stresstests reagieren. Vor allem der Berg fauler Kredite könnte Anleger und Spekulanten verschrecken.
Zum anderen hat die EZB offenbar nur den Fall einer „normalen“ Wirtschaftskrise geprüft. Eine Deflation, ein allgemeiner Preisverfall, stand gar nicht auf dem Prüfstand. Dabei ist das die größte Gefahr für die Eurozone. Im schlimmsten Fall droht sogar eine Mischung aus Deflation und Rezession – die japanische Krankheit. EZB-Chef Draghi müsste das wissen, schließlich stemmt er sich mit seiner umstrittenen Geldpolitik gegen diese Gefahr. Umso erstaunlicher, dass er dieses Szenario nicht prüfen ließ. Vertrauen schafft dies nicht, im Gegenteil.
26 Oct 2014
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