taz.de -- Nordbank besteht Stresstest knapp: Mit einem Bein im Bankrott
Stresstest der Europäischen Zentralbank angeblich bestanden. Damit droht den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein wohl doch nicht die Staatspleite.
HAMBURG taz | Es könnte gerade noch mal gut gegangen sein. Die krisengeschüttelte HSH Nordbank hat angeblich den Stresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) bestanden. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch unter Berufung auf „Insider“. Sollte sich das bestätigen, können die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein aufatmen. Denn für Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) ist die HSH „das größte Haushaltsrisiko des Landes“.
Am Sonntag will die EZB die Ergebnisse ihrer Prüfung von 130 europäischen Banken bekanntgeben. Die HSH Nordbank zählt zu den größten Wackelkandidaten: Die gemeinsame Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein existiert überhaupt nur noch, weil die beiden Länder mit 20 Milliarden Euro haften sowie Garantien über weitere zehn Milliarden Euro abgegeben haben – das ist mehr als die beiden Jahreshaushalte zusammen. Ein Scheitern der Bank bei den EU-Prüfern hätte unabsehbare Folgen für die Finanzlage beider Bundesländer.
Die Nordbank war 2008 in der weltweiten Finanzkrise wegen hochriskanter Geschäfte beinahe zusammengebrochen. Aufsichtsräte und Vorständler wie Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher mussten gehen, Mitarbeiter wurden entlassen, die Geschäftspolitik auf ein Kerngeschäft reduziert. Die HSH ist nur noch halb so groß wie 2008 und konzentriert sich auf Unternehmen, Immobilien und Infrastruktur in Norddeutschland.
Die Altlasten sind aber noch lange nicht abgebaut. Die HSH war mit Krediten von rund 20 Milliarden Euro für etwa 2.000 Schiffe der weltweit größte Schiffsfinanzierer. Weil die Weltwirtschaftskrise vor allem die Frachtschifffahrt traf, konnten viele Reedereien nicht mehr für Zinsen und Tilgung aufkommen – die Bank und ihre Eigentümerländer gerieten an den Rand des Bankrotts.
In jetzt durchgeführten Stresstest sei die Bank „kräftig durchgeschüttelt worden“, verlautet nun aus EZB-Kreisen. Jedoch liege bei allen durchgerechneten Krisenszenarien „die harte Kernkapitalquote des Instituts über der Mindesthürde von 5,5 Prozent“. Damit wäre die HSH aus dem Schneider.
Heinold hatte vor zwei Wochen im Kieler Landtag die Kernkapitalquote zum 30. Juni mit 12,8 Prozent angegeben. Diese Quote ist ein Indikator für die Liquidität einer Bank: Mehr als sieben Prozent gelten als gesund, weniger als fünf werden als kritisch angesehen.
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat die HSH Nordbank mehr als 300 Millionen Euro verdient, 2013 hatte sie noch ein Minus von 814 Millionen Euro gemacht. Der Haushaltsexperte der Linken in der Hamburger Bürgerschaft, Norbert Hackbusch, bleibt dennoch skeptisch: „Die Nordbank bringt Hamburg keine Vorteile, sondern ist weiterhin die größte Bedrohung für die Finanzen der Stadt“, sagt er. Fiele sie doch durch den Stresstest, „sollte sie abgewickelt werden“.
Mit Spannung werden die Ergebnisse des Stresstestes auch in Hannover erwartet. Denn auch die dortige Norddeutsche Landesbank (Nord-LB) gilt nicht als kerngesund, wenngleich sie nie so krisengeschüttelt war wie die HSH Nordbank. Auch sie aber hatte umfangreiche Schiffskredite vergeben und wirtschaftliche Schlagseite bekommen.
Dank des Aufbaus von Kreditpolstern seit Anfang 2013 lag die Kernkapitalquote der Nord-LB Ende des ersten Halbjahrs bei 10,7 Prozent. Im laufenden Jahr will die Nord-LB ihr Vorjahresergebnis von 161 Millionen Euro vor Steuern übertreffen. „Die Bank ist solide kapitalisiert, wir gehen gut gerüstet in den Stresstest“, hatte Nord-LB-Chef Gunter Dunkel Ende April voller Optimismus erklärt. Ob zu Recht, wird er bald wissen.
22 Oct 2014
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