taz.de -- App gegen Rassismus: So klappt's auch mit dem Stammtisch

Keine schlagfertige Antwort parat? Das österreichische Rote Kreuz liefert mit der „Stammtisch-App“ Argumente gegen rassistische Parolen.
Bild: So stellen sich die meisten wohl einen Stammtisch vor: ältere Herren, Bier und ein paar Vorurteile

Stammtisch – bei dem Wort entsteht bei einigen gleich das Bild einer Kneipe. Man sieht einen Tresen, hinter dem ein Wirt steht. Schlager dröhnen aus einem 80er-Jahre-Radio. Und um den Stammtisch versammeln sich Leute, die ihre Sätze mit „alle“ beginnen. „Alle Ausländer sind kriminell!“, wäre so ein Satz.

Dazu gibt es nun eine Idee: Mit der neuen [1][Stammtisch-App] soll man auf Rassismus bald besser und schneller kontern können. Die App vom österreichischen Roten Kreuz findet, so die Betreiber, schlagfertige Antworten auf die an Stammtischen verhandelten Ressentiments. Das soll so funktionieren: Bei einer rassistischen Bemerkung drückt man auf den digitalen Buzzer. Und der laute Ton, der dann folgt, soll dem Gegenüber signalisieren: „Halt, was du da sagst, geht nicht.“ Dann sucht man unter „Vorurteile durchstöbern“ nach der passenden Antwort. Hierbei kann man zwischen mehreren Kategorien wählen: „Gesellschaft“, „Arbeit & Wirtschaft“, „Asyl & Flüchtlinge“, „Bildung & Sprache“ oder wie hier aus dem Bereich „Kriminalität“.

Die Stammtisch-App ist ein gemeinsames Projekt vom österreichischen Roten Kreuz, vom Österreichischen Gewerkschaftsbund und der Industriellenvereinigung. Die haben es sich zur Aufgabe gemacht, gegen Fremdenfeindlichkeit an österreichischen Stammtischen vorzugehen.

„Oft wird bei hitzigen Diskussionen mit flachen Vorurteilen argumentiert. Und erst später fällt einem ein, was man hätte sagen können. Mit der App soll das schneller gehen“, sagte Zarko Radulovic der taz. Er ist der Chefredakteur der Medienservicestelle, die Informationen über die Situation Zugewanderten in Österreich aufbereitet und sich um die Inhalte der App kümmert.

Ganz so schnell funktioniert die App leider nicht. Bis man den passenden Konter hat, ist wahrscheinlich längst der nächste üble Kommentar gefallen. Denn die App-Antworten sind oft lang und mit detaillierten Daten versehen. Das ist zwar gut, kostet aber viel Zeit – Schlagfertigkeit funktioniert anders.

Außerdem sind die Infos und Daten auf Österreich zugeschnitten, was die Argumente für deutsche Stammtische teilweise obsolet werden lässt. Wünschenswert wären zudem Antworten auf weitere Stammtisch-Themen, auf Chauvinismus etwa. Weitere Inhalte sollen nachgeliefert werden, so die Betreiber. Sinnvoll ist eine solche App aber in jedem Fall, und sei es nur, um auf das Problem von auf Stereotypen basierenden Diskussionen aufmerksam zu machen.

6 Nov 2014

LINKS

[1] http://medienservicestelle.at/migration_bewegt/stammtischapp/

AUTOREN

Christine Stöckel

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