taz.de -- Die Wahrheit: Monacos Krönchen und Kanönchen

Alle Welt wartet gespannt auf die Geburt der monegassischen Zwillinge. Aber was passiert dann? Und wer wird Erster?

Momentan verbringe ich meine üppige Freizeit mit dem Nachdenken über die Primogenitur Monacos. Dabei handelt es sich, für die wenigen Nicht-Adelsexperten unter den Lesern, nicht etwa um einen Einrichtungsgegenstand oder den Zustand der Familienjuwelen zwischen den Beinen Prinz Alberts, sondern um die Erstgeborenen-Nachfolgeordnung der Zwillingskinder im Bauche der Fürstin Charlène.

In Monaco herrscht, wie meist in Adelshäusern, die patrilineare Primogenitur, das bedeutet:

1. Wer im Fall männlicher Zwillinge zuerst rauskommt, kriegt den Thron, der andere einen feuchten Händedruck.

2. Wer, im Falle zweigeschlechtlicher Zwillinge, den Piephahn hat, bekommt ebenfalls den Thron, die andere den feuchten Händedruck.

3. Wer, im Falle männlicher Zwillinge, bei einem – bei Zwillingsgeburten nicht ungewöhnlichen – Kaiserschnitt zufällig oben liegt und von den behandschuhten Chefarzthänden zuerst herausgefriemelt wird, bekommt den Thron, der andere den feuchten Händedruck.

4. Wer von einer der Moxibustion (kurz: des Moxens) kundigen Hebamme kurz vor der Geburt nichtsahnend im gemütlichen Fruchtwasser umgerührt wurde, kriegt den Thron, der andere den feuchten Händedruck.

Daraus folgt: 5. Wenn es also doch irgendeine Art von pränatalem Bewusstsein gibt, dann sollte man es als verantwortungsvolle werdende Mutter schleunigst anrufen, um den ungeborenen Kindern einzubläuen: Der mit dem feuchten Händedruck ist in jedem Fall besser dran als der, dessen Leben von vornherein mit diesem ganzen anstrengenden Monarchengetue vertan wird. Bleib hinten, Junge, oder duck dich, sonst bist du in Regentens Küche!

Vielleicht hilft es, wenn die Fürstin sich noch mal „The King’s Speech“ anguckt, und bei der Szene, in der Colin Firth als stotternder Georg VI. zusammenbricht und „I’m not a king!“ heult, ganz nah an die Flachbildschirmlautsprecher geht.

Ein weiteres Problem bei der Geburt der jumeaux royaux ist die Anzahl der Kanonenschüsse, die im Fürstentum traditionell abgegeben werden, um den gespannten Untertanen das Geschlecht des Kindes mitzuteilen. Ist es ein Junge, werden 101 Kanonenkugeln in den Himmel der Côte d’Azur geschossen. Ist es ein Mädchen, nur 21, denn Mädchen sehen in Prinzessinnenkleidchen zwar niedlich aus, haben jedoch natürlich keine Ahnung vom Regieren.

Was aber nun, wenn es zwei Jungen sind? Werden sodann 202 Kanonenschüsse minutenlang Monacos mit Gold gepflasterte Straßen erschüttern und sämtliche gerade ihren Rausch ausschlafenden Hollywoodstars auf ihren Yachten kirre machen?

Und was, wenn das Krönchen intersexuell ist und sich eventuell später, vielleicht aber auch gar nicht für ein (Adels)Geschlecht entscheiden möchte? Nicht nur daran erkennt man die Unzulänglichkeit der Kanonenkugelmethode zur Geschlechterbestimmung. Hoffentlich findet Charlène in Monaco wenigstens ein hübsches, hebammengeführtes Geburtshaus, mit Wanne, Sitzball und Romarad.

7 Nov 2014

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Jenni Zylka

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